Sicher unterwegs im Alter
Unfälle bei radelnden Senioren nehmen zu. Jetzt fährt Polizist Stephan Schuhen mit älteren Düsseldorfern mit, um sie aufzuklären.
Düsseldorf. Die "Eisbären" heißen Eisbären, weil sie selbst bei Schnee noch mit dem Rad unterwegs sind. Jede Woche treffen sich die 13 älteren Herren zu einer Radtour am Garather S-Bahnhof. "Wir fahren bei fast jedem Wetter", sagt der 81-jährige Hartmut Fischer. Nur bei Glatteis oder strömendem Regen lassen sie ihre Fahrräder stehen.
Regelmäßig fährt auch Polizist Stephan Schuhen mit. Für ihn sind die Touren auch Präventionsarbeit. Denn immer mehr ältere Düsseldorfer steigen auf das Rad um - leider besonders oft ohne Helm. Dabei ist das Tragen eines Schutzhelms laut Experten gerade für Kinder und Senioren wichtig. Schon wegen der schlechteren Reaktionsfähigkeit. Wie die WZ berichtete, haben sich im vergangenen Jahr allein auf Düsseldorfs Straßen 652 Radfahrer bei Unfällen verletzt, 99 von ihnen waren 65 Jahre und älter, einer von ihnen starb.
Gewichtige Argumente, die Schuhen auch den "Eisbären" vermittelt hat. Mit Erfolg: Jetzt liegt die Helmträgerquote bei nahezu 100 Prozent. "Zunächst haben sie sich vor keiner Ausrede gescheut, dann kam schließlich einer nach dem anderen mit einem Helm zur wöchentlichen Tour", erzählt Schuhen. "Mit der Zeit gewöhnt man sich an den Helm", bekennt "Eisbär" Hartmut Fischer.
Seit drei Jahren begleitet Schuhen regelmäßig radelnde Seniorengruppen, um sie fit für den Straßenverkehr zu machen - und den steigenden Zahlen von Unfällen mit beteiligten Senioren entgegenzuwirken.
"Es ist nicht so, dass Senioren die Unfälle auch verursachen, jedoch sind die Folgen gerade bei älteren Menschen meist ziemlich gravierend. Stürze stecken sie nicht mehr so leicht weg", weiß Schuhen. Bei 83 Prozent aller Fahrradunfälle sei zudem der Kopf betroffen. Ohne einen Helm können schlimme Verletzungen folgen.
In einer Benrather Senioren- Fahrradgruppe ist der Helmwiderstand bisher ungebrochen. Lediglich ein roter Helm blitzt zwischen den graumelierten Köpfen auf. "Gefallen bin ich mit dem Fahrrad noch nie. Außerdem trage ich sonst auch keine Mützen, warum also dann einen Helm", argumentiert ein 76-Jähriger voller Überzeugung. Auch seine Kameraden winken beim Thema Helm sofort ab. Statt Einsicht stößt man hier auf Sturheit.
Stephan Schuhen vertraut in solchen Fällen auf seine Hartnäckigkeit: "Ich höre solche Ausflüchte häufig, irgendwann kriege ich sie dann doch dazu."
In Zweierreihen fahren die Herren - hier herrscht Frauenverbot ("Die haben ihre Kaffeekränzchen, hier unterhalten wir uns") - auf dem Fahrradweg in Richtung Unterbacher See los.
Auch Schuhen radelt mit. Er gibt - meist ungefragt - Tipps, wie die Senioren am besten fahren sollten, oder wie eine brenzlige Situation demnächst besser gemeistert werden kann. Hinweise, auf die die Senioren manchmal auch verzichten möchten, gibt Fischer schmunzelnd zu. "Aber wir wollen keine Sturköpfe sein. Gute Ratschläge nehmen wir gerne an."
Im letzten Jahr sind die Männer 1800 Kilometer gefahren, ohne Zwischenfälle. Und so fühlen sie sich entgegen der Statistiken auch sicher auf ihren Fahrrädern. "Schließlich sind wir geübt."
Polizist Schuhen hingegen weiß, dass Übung allein keine Unfälle verhindern kann, sondern nur viel Aufmerksamkeit und Vorsicht vor gefährlichen Situationen schützen kann. Stadt und Verkehrswacht setzen auf Prävention: Ende des Jahres wird eine Kampagne zur Sicherheit von Senioren im Straßenverkehr starten.