Handwerk in NRW Das Handwerk ist in Sorge

Düsseldorf · Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer, spricht über die angespannte Lage für das Handwerk – und fordert eine Impfpflicht.

Weil Friseure zeitweise schließen mussten, stehen diese immer noch besonders schlecht da.

Foto: dpa/Arne Dedert

Das Handwerk in NRW hat es gerade nicht leicht. Das betonte Andreas Ehlert, Präsident Handwerk NRW und der Düsseldorfer Handwerkskammer, in einer Pressekonferenz am Freitag. In seiner Ansprache zum neuen Jahr ging er auf Themen ein, die den Handwerksbetrieben aktuell besonders zu schaffen machen – allen voran die Corona-Pandemie und die durchwachsene Konjunktur.

Der Präsident zeichnete ein deutliches Bild: Das Handwerk in NRW ist tief gespalten. Während das Baugewerbe seit vergangenem Jahr wieder im Aufwind ist, leiden personenbezogene Dienstleistungen immer noch immens unter den Auflagen durch die Pandemielage. Ehlert spricht vor allem von Friseurinnen und Friseuren, von Kosmetikern, Fotografen oder dem Lebensmittelgewerbe, die ihre Berufe zeitweise nicht ausüben durften. „Vielen geht bald die Puste aus“, sagt er.

Ein Blick auf die Zahlen, die der Verband vorlegte, unterstreicht die Einschätzung. So haben personenbezogene Dienstleistungen im ersten Quartal 2021 im Vergleich zum Vorjahr auf beinahe ein Viertel ihrer Umsätze verzichten müssen. Der zweite Lockdown kam viele Unternehmen also tatsächlich teuer zu stehen.

Dennoch hat das NRW-Handwerk insgesamt ein leichtes Umsatzwachstum von zwei Prozent für 2021 zu verzeichnen. Erklärt werden kann das nur durch die solide Nachfrage am Baumarkt. Bei den Zahlen handelt es sich um Schätzungen des Verbandes, die nicht ganz ohne einen Blick auf die aktuelle Inflationslage bewertet werden dürfen, betonte Ehlert.

Unternehmen berichten von Problemen mit den Lieferketten

Doch nicht nur die Betriebsverbote machten Teilen des Handwerks schwer zu schaffen. Immer mehr Unternehmen würden von Problemen mit den Lieferketten berichten, heißt es. Stark betroffen sei davon unter anderem das Kfz-Gewerbe. „Wir hören von Betrieben, die neue Autos in ihren Verkaufsräumen quer vor die Fenster stellen, damit es ein bisschen voller aussieht“, beschreibt Ehlert die Situation.

Hans Jörg Hennecke, Geschäftsführer der Düsseldorfer Handwerkskammer und des Verbandes Handwerk NRW, ging neben den Lieferproblemen auf weitere Herausforderungen für die Branche ein. Immerhin führen die Menschen immer weniger Kilometer im Jahr mit ihren Autos. Elektroautos boomen, der klassiche Verbrenner sei „angezählt“. Das bedeute für die Kfz-Branche einen so massiven strukturellen Wandel, dass ihn viele kleine Betriebe möglicherweise nicht stemmen könnten. „Es wird zu einer Konsolidierung kommen“, sagte Hennecke.

Ehlert und Hennecke nahmen auch die Politik derAmpel-Koaltion in den Blick. Denn so schmerzhaft die Einschnitte für die Branche durch Corona-Auflagen wie 2G-Plus auch seien, so seien sie doch der richtige Weg in der Bekämpfung der Pandemie. Ehlert ging noch einen Schritt weiter. „Ich persönlich halte eine Impfpflicht jetzt für erforderlich und verantwortbar“, sagte er.

Insgesamt zeigte sich der Verband zufrieden mit den aktuellen Bemühungen der Politik für das Handwerk. Besonders die scheidende Landesregierung kommt bei Ehlert gut weg. NRW sei in den vergangenen vier Jahren ein gutes Stück vorangekommen. „Man spürt auch wieder einen höheren Anspruch darauf, vorne mitzuspielen“, sagte Ehlert. Trotzdem formulierte er Forderungen an eine neue Landesregierung nach den Wahlen im Mai. Vor allem in Sachen Nachhaltigkeit wünsche sich das Handwerk eine klarere Linie. Man brauche kein „hektisches Fördern und Dirigieren, sondern verlässliche Rahmenbedingungen, mit denen die Betriebe planen können“, sagte er.

Immerhin glaubt der Verband, dass das Handwerk einen gewichtigen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten könne. „Wer nicht nur für das Klima streiken will, sondern auch für das Klima anpacken, ist bei uns genau richtig“, sagte Ehlert.