Pro und Contra Soll Düsseldorf eine Stadt der Hochhäuser sein?

Düsseldorf · Düsseldorf wächst immer mehr in die Höhe. Die Stadt möchte mit einem Hochhausrahmenplan die Entwicklung steuern. Aber soll die Landeshauptstadt überhaupt mehr Hochhäuser bekommen? - Ein Pro und Contra.

 Architekt Christoph Ingenhoven wird mit Momeni an der Kaistraße 1 vier bis zu 70 Meter hohe, schlanke Türme versetzt nebeneinander bauen.

Architekt Christoph Ingenhoven wird mit Momeni an der Kaistraße 1 vier bis zu 70 Meter hohe, schlanke Türme versetzt nebeneinander bauen.

Foto: Ingenhoven

Nach welchen Leitlinien in Düsseldorf Hochhäuser entstehen sollen, will die Stadt mit einem neuen Hochhausrahmenplan festlegen. Zahlreiche Experten und die Bevölkerung haben bereits Vorarbeit geleistet, mittlerweile begleitet ein Hochhausbeirat (bestehend aus lokalen Politikvertretern sowie auswärtigen Fachleuten) die Entwicklung. In diesem Jahr soll in einer Ausstellung präsentiert werden, zu welchen Zwischenergebnissen das Gremium mit seiner Arbeit gekommen ist. Dann wird die Öffentlichkeit erneut aufgerufen, sich zu beteiligen.

Pro: Sie bringen viele Vorzüge mit sich – nicht nur für die Bewohner

Von Alexander Esch

Während Düsseldorf deutschlandweit die sechstmeisten Einwohner hat, landet die Stadt flächenmäßig nur auf Platz 73. Diese lokale Gegebenheit trifft auf den weltweiten Trend der Urbanisierung und dem damit verbundenen Wachstum der (Groß-)Städte. Die Folge: Grundstückspreise steigen in ungeahnte Höhen. Um so dringender wird es, mit dem sehr begrenzten und nicht nur monetär gesehen so wertvollen Raum klug umzugehen. Hier führt ein Weg zu mehr Hochhäusern, da sie eine ganze Reihe von Vorteilen für die Entwicklung einer Stadt mit sich bringen können.

Um mehr Wohnraum durch Verdichtung geht es da gar nicht mal. Hier betonen Experten immer wieder, dass das mit der klassischen Blockbebauung genauso und deutlich günstiger geht. So würde jedoch noch mehr Freifläche versiegelt. Eines können Hochhäuser allerdings sehr gut, Platz um sie herum freilassen, sie müssen es sogar. Deshalb könnte eine Maßgabe für den neuen Hochhausrahmenplan sein: je höher, desto mehr Freiraum drum herum.

 Alexander Esch sieht in mehr Hochhäusern viele Vorzüge.

Alexander Esch sieht in mehr Hochhäusern viele Vorzüge.

Foto: Sergej Lepke

Nicht nur auf diese Weise kann die Öffentlichkeit von Hochhäusern profitieren. Die Stadt kann Investoren Nutzungen für die Allgemeinheit vorschreiben, etwa mit Gastronomien in großer Höhe, zugänglichen Dachterrassen und vielem mehr. So können Hochhäuser nicht nur die Lebensqualität ihrer Bewohner steigern.

Auch architektonisch können Türme die Stadt bereichern, als ikonische Landmarken, touristische Attraktionen, Identifikationsobjekte für die Bevölkerung, als Prestigeobjekt für ein eingemietetes Unternehmen und sogar klimatisch mit großflächiger Begrünung.

Entscheidend: die gemischte auf die Umgebung abgestimmte Nutzung. Büros, Hotels, Wohnen, aber auch Kitas oder ein Fitnessstudio lassen ein „vertikales Stadtquartier“ (Norman Foster) entstehen. So lassen sich Pendlerströme reduzieren, zudem können Investoren flexibler auf den Markt reagieren und das Risiko Leerstand minimieren. Gute Anbindungen an ÖPNV und Sharing-Angebote sowie stadtplanerisch passende Lagen wie an Hauptbahnhof, Kennedydamm oder im Hafen sind weitere Rahmenbedingungen.

Contra: Sie würden die gewachsenen Strukturen der Stadt überwuchern

Stadtplanung ist emotional und darf es dennoch nicht sein. Es ist einfach, sich für Wolkenkratzer zu begeistern. Die Türme strahlen eine mitreißende Faszination aus, einen Hauch vom Flair, das man an Weltmetropolen wie New York liebt.

Es ist auch nicht schwer, sich gegen Hochhäuser mit Herzblut zu positionieren. Sie haben schon manche historische Stadt entstellt. Das Schlagwort „Brüsselisierung“ – was sich nicht nur genuin auf Hochhäuser bezieht – legt, am Beispiel der Entwicklung von Brüssel, den Finger in die Wunde eines unkontrollierten und unbedachten Baubooms inmitten gewachsener Stadtstrukturen.

 Christian Oscar Gazsi Laki sieht die gewachsenen Strukturen der Stadt in Gefahr.

Christian Oscar Gazsi Laki sieht die gewachsenen Strukturen der Stadt in Gefahr.

Foto: Lepke, Sergej (SL)

Aber wir sollten es uns nicht zu einfach machen. In gewisser Weise war Düsseldorf schon früh eine Stadt mit herausragenden Hochhäusern; man denke an das Wilhelm-Marx-Haus aus 1924, an die Stadtsilhouette prägenden kunstvollen Bauten wie das Dreischeibenhaus oder das Mannesmann-Hochhaus, um frühere prominente Beispiele zu nennen. Indes alles punktuell, als Akzent.

Es muss gelten, wenn es um die Stadtplanung geht, sich weniger von affektiven Emotionen leiten zu lassen, sondern auf Vernunft zu setzen, um – hier muss man dialektisch denken – schließlich das Emotionale einer Stadt, die lebenswerte Mischung, erhalten und klug entwickeln zu können. Wir sind nicht Amerika und Co. mit dort üblichen Strukturen. Europas Städte ticken ganz anders, auch Düsseldorf. Pauschal Düsseldorf zu einer Hochhausstadt zu erklären, weil es vielleicht gerade sexy und wieder modern scheint, öffnet alle Dämme für eine städtebauliche Überwucherung unserer gewachsenen städtebaulichen Identität. Ohnehin: Braucht die am Verkehrsinfarkt krankende Stadt noch eine zusätzliche Verdichtung der Innenstadt?

Mit Fingerspitzengefühl müssen ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Überlegungen in Einklang gebracht werden. Für die Menschen. Dazu braucht es keine himmelsstürmenden Schlagworte, sondern einen bedachten, guten neuen Hochhausrahmenplan, den just die Stadt zurzeit entwickelt.