Wohnen neben Industrie? SPD kritisiert Düsseldorfs OB für Vallourec-Äußerung - Keller reagiert

Update | Düsseldorf · Stephan Keller (CDU) will Wohnen auf dem Vallourec-Gelände in geringem Maße nicht ausschließen. Die Sozialdemokraten und auch die IHK halten davon nichts.

Das ehemalige Vallourec-Gelände in Rath

Foto: dpa/Roberto Pfeil

(ale/nic) Nach der Entscheidung von Rheinmetall gegen ein Werk auf dem alten Vallourec-Gelände in Rath entbrennt ein Streit um die weitere Nutzung. Die Düsseldorfer SPD sprach von einem „ersten Rückschlag bei der Ansiedlung von Industrie“ – und warf Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) Wortbruch vor, weil er Wohnen auf dem Grundstück ins Spiel bringe. „Wir sehen in diesen Äußerungen eine klare Gefährdung des Industriestandortes Düsseldorf“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion, Tobias Kühbacher: „Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass dort zu 100 Prozent Industrieansiedlung möglich ist.“ Der Oberbürgermeister und die Wirtschaftsförderung müssten beweisen, „dass sie nicht nur Mode, sondern auch Industrie können“. Auch IHK-Präsident Andreas Schmitz äußert sich deutlich: „Die IHK erwartet von der Stadtspitze, dass am Ratsbeschluss, auf dem Vallourec-Areal ausschließlich Industrie zu ermöglichen, festgehalten wird.“ In der Flächenpolitik der Stadt dürfe es „keine Verwässerung des Kernzonenkonzepts des Masterplans Industrie“ geben.

Rheinmetall hatte am Dienstag angekündigt, seine neue Fabrik für Rumpfmittelteile des Kampfflugzeugs F-35A am Flughafen in Weeze aufzubauen. Auch das Vallourec-Gelände war in Frage gekommen, doch die Preisvorstellungen der Eigentümer und von Rheinmetall gingen offenbarweit auseinander. Der Oberbürgermeister hatte dazu gesagt, dass neben einer Industrieansiedlung auch bis zu zehn Prozent Wohnen an den Rändern des Geländes denkbar seien.

Die Düsseldorfer SPD-Vorsitzende Zanda Martens warf ihm vor, Ratsbeschlüsse zu ignorieren. „Er weiß genau, dass zehn Prozent der Fläche für Wohnen nicht bedeutet, dass 90 Prozent der Fläche für Industrie oder produzierendes Gewerbe verbleiben. Denn Wohnen und Industrie müssen nicht nur aus Gründen des Lärmschutzes getrennt werden. Auch Altlasten verhindern dies.“

Nach bisheriger Rechtslage ist auf dem Areal keine Wohnnutzung möglich. „Wenn der Oberbürgermeister im Stadtrat eine Änderung erzielen will, dann soll er sich endlich ehrlich und transparent machen“, sagte Martens. Die Co-Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, Sabrina Proschmann, wies auf das städtische Vorkaufsrecht für das Grundstück hin. „Vallourec will taktisch ausnutzen, dass je länger sich der Prozess hinzieht, desto lauter die Stimmen werden, dort Wohnen zu ermöglichen. Damit wird das Grundstück deutlich wertvoller. Dass der Oberbürgermeister dieses Spiel mitspielt, ist unerklärlich.“ Sie forderte, die Stadt solle sich auf die Möglichkeit eines Vorkaufsrecht vorbereiten.

Keller erklärte am Donnerstag im Gespräch, warum er die Möglichkeit für Wohnen zu einem „absolut untergeordneten Anteil“ von maximal zehn Prozent nicht ausschließen wolle. So könne möglicherweise das vernünftige Konzept eines potenziellen Käufers für eine industrielle Nutzung wirtschaftlich umsetzbar und das Grundstück an den Rändern effizienter genutzt werden. Ansonsten blieben wahrscheinlich Restflächen übrig. Ein solches Vorgehen sei mit den Zielen der Industriekernzone vereinbar. Und Wohnen dürfe dann auch dort nicht zum Problem für die Industrie werden. „Die SPD kann nicht so tun, als ob das eine 100 Prozent städtische Fläche ist.“ Es müsse zunächst eine Einigung von Käufer und Verkäufer und damit ein Verkaufsfall eintreten. Erst dann könne die Stadt ihr Vorkaufsrecht geltend machen. Der Verkäufer könne dann aber immer noch zurückziehen. „Es könnte zu der Abwägung kommen: Nehmen wir in Kauf, dass das Areal weiterhin für einen unabsehbaren Zeitraum nicht entwickelt wird.“ Umgekehrt könne mit einem Käufer der Verzicht auf ein Vorkaufsrecht vereinbart werden, wenn das Konzept als sinnvoll erachtet werde.