Düsseldorf Staatsanwalt im Wehrhahn-Prozess: Ralf S. ist überführt

Die Richter haben im Wehrhahn-Verfahren eine erste Bilanz gezogen. Es bleibt ein Indizienprozess.

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Düsseldorf. Immer wieder war sie verschoben worden, die Zwischenbilanz im Prozess vor dem Landgericht um den Bombenanschlag am Wehrhahn. Gestern fand sie endlich statt. Es war keine Überraschung, dass Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück den Angeklagten durch eine Vielzahl von Indizien als überführt ansieht. Verteidiger Olaf Heuvens dagegen sieht das völlig anders. Seinem Mandanten Ralf S. sei das Attentat nicht nachzuweisen. Bei dem Bombenanschlag am S-Bahnhof Am Wehrhahn waren vor 18 Jahren zehn überwiegend jüdische Sprachschüler zum Teil lebensgefährlich verletzt worden.

Fast zwei Stunden nahm Herrenbrück gestern Stellung. „Ein Alibi gibt es nicht“, stellte der Oberstaatsanwalt fest. Zwar habe der 51-Jährige am Tattag um 15.07 Uhr in seiner Wohnung ein Telefonat angenommen. Doch die vier Minuten nach der Explosion hätten ausgereicht, um vom S-Bahnhof nach Hause zu laufen. Außerdem habe sich Ralf S. in einer Vernehmung verplappert. Von einem Polizeibeamten sei er gefragt worden, wie sein Hund Spike auf die Detonation reagiert habe. Darauf soll er gesagt haben: „Das weiß ich nicht. Der war zu Hause.“ Auf die Frage sei er offenbar nicht vorbereitet gewesen.

Ein weiteres wichtiges Indiz sei außerdem, dass der Angeklagte über Täterwissen verfügte. Bereits um 15.34 Uhr habe er gesagt, dass er damit rechne, von der Polizei verhaftet zu werden. Da sei aber noch gar nicht klar gewesen, dass es sich um einen Bombenanschlag gehandelt habe. Das wiederum bestreitet die Verteidigung. Im Polizeifunk, den Ralf S. abgehört haben soll, wurde angeblich sehr viel frühe kommuniziert, dass es sich um einen Anschlag handelt.

Wichtig sei auch die Aussage einer Zeugin, die kurz nach der Explosion aus ihrem Fenster im vierten Schock schaute und in der Nähe des Tatorts einen Mann auf einem Stromkasten sitzen sah, der davon lief, ohne die Polizei zu rufen oder den Opfern zu helfen. Der Beschreibung nach habe es sich offenbar um Ralf S. gehandelt.

Hinzu komme, dass sich die latente Ausländerfeindlichkeit des Angeklagten bestätigt habe: „Für ihn sind an seiner eigenen schlechten Situation die Ausländer schuld.“ Bis heute trage er ein Hakenkreuz-Tattoo auf dem Oberarm, das er sich nicht entfernen ließ.

Außerdem ging der Oberstaatsanwalt auf die Aussagen von zwei ehemaligen Lebensgefährtinnen von Ralf S. ein. Dass er „Kanaken in die Luft sprengen wollte“, wie es ursprünglich in der Anklage hieß, hatte eine Zeugin in der Verhandlung so nicht mehr bestätigen wollen. Gegenüber der anderen Freundin soll der 51-Jährige aber angekündigt haben, dass er „am Bahnhof was machen wolle.“ Zusammengenommen seien die Indizien so dicht, dass Herrenbrück den Angeklagten als überführt ansieht. Ganz anders als die Verteidigung.

Am Donnerstag hat dann die Kammer das Wort. Da wird der Vorsitzende Richter Rainer Drees sagen, wie er den Prozess bis jetzt beurteilt.