Stadt-Teilchen Von Kirmes bis Trödel — Pop-up ist überall

Auf Düsseldorf wartet ein Super-Mega-Pop-up-Wochenende

Foto: Melanie Zanin

Eigentlich liebe ich den Sommer in der City. Diese laszive Lässigkeit, die dann über der Stadt liegt. Doch an diesem Wochenende dreht sich plötzlich alles. Die ganze Stadt ein Karussell. Auf den Rheinwiesen überschlagen sich die Fahrgeschäfte, in den Trend-Vierteln für Fashion dreht sich das Mode-Karussell. Kollektionen für den nächsten Sommer — dabei hatten wir dieses Jahr noch gar keinen richtigen.

Das illustre Fashion-Völkchen pilgert entlang der Kaiserswerther Straße, durch den Medienhafen, erklimmt Orderplattformen und durchwandert mehr als 800 Showrooms bis hart an die Stadtgrenze ins Böhler-Areal, dem zentralen Ort des Geschehens, des Sehens und Gesehenwerden. Egal ob Model- oder Schießbudenfigur. Mode ist Kirmes, und Kirmes ist Mode an diesem Super-Mega-Pop-up-Wochenende. Ach, ja! Ausverkauf ist auch noch. Doch Sale ist längst ein seelenloses Geschäft.

Viel lustiger: Pop-up-Stores. Das ist, wenn’s blubbert in der Stadt, wie in Veronas Spinat. Das tut’s immer öfter sogar in der chronisch an Filialitis leidenden City. Blubb! Ein neuer Modeladen! Blubb! Ein alternativer Imbiss! Blubb! Kindermode, die schneller wieder verschwunden ist, als die Kids da rauswachsen. Allüberall poppen sie auf, Shops für ein paar Tage oder Wochen, manchmal auch nur für ein, zwei Abende.

Es begann in den kreativen Straßen in Pempelfort und Unterbilk, in diesem Frühling auf der Ackerstraße, informiert durch Flyer oder Facebook, traf sich ein illustres Völkchen auf der Straße und einem ultraengen Schlauch von Ladenlokal. Die Eine nahm einen pinkfarbenen Fummel mit, der Andere eine schön abgeschabte Lederjacke. Ich ließ eine türkisfarbene Steppjacke nicht mehr los. Am nächsten Tag wäre sie ja nicht mehr da gewesen — der ganze Laden nicht mehr. Von wegen Spontankauf. Freiwilliger Kaufzwang. War aber gut so. Ich hab sie in diesem Sommer viel getragen.

Sogar Karl Lagerfeld — Blubb — soll schon einen Pop-up-Store haben. Dabei ist die Idee so neu auch wieder nicht. Nur umgezogen. Von draußen nach drinnen. Trödelmärkte wie P1 oder der Radschläger-Markt am Großmarkt sind eigentlich auch nichts anderes. Ergänzt durch Stadtteil- und Straßen-Feste in Flingern, am Friedensplätzchen, ums Zakk und — Blubb — Garagentrödel in der Carlstadt — Blubb — Nachbarschafts-Flohmarkt im Unterbilker Treppenhaus. Wie hab ich mich da trüffelschweinisch gefreut, wenn ich ein Lieblings-Designer-Teilchen entdeckte, dessen Stil zeitlos und dessen Qualität heute so gut wie gar nicht mehr zu kriegen ist. Oder das passende Geschenk für den Kindergeburtstag. Dabei selbst gebackenen Kuchen mampfen, dazu gratis das Rezept bekommen, mit Leuten ins Gespräch kommen, Erfahrungen und Adressen austauschen. Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein.

Unser größtes Volksfest, die Kirmes auf den Rheinweisen, die schönste bundesweit und breit, ist ja auch eine Art Pop-up-Veranstaltung. Früher hieß es Kirchweih. Traditionell trafen sich Menschen nach der Messe auf dem Marktplatz, um von vorbeiziehenden Händlern (Pop-up-Stores auf Rädern) Waren zu erstehen. Durch solcherart wirtschaftliches Brauchtum hat sich unsere Mode- und Messestadt Düsseldorf entwickelt.

Auch die erfolgreiche Jahrmarktwirtschaft auf der Grünen Wiese. Genießen wir also — vor oder nach welcher Art Messe auch immer — das letzte bunte Kirmes-Wochenende. Und unseren diesjährigen Pop-up-Sommer, wo er doch gerade mal so schön Blubb macht ...