Streik: Stillstand im Bahnhof
Der Arbeitskampf der Lokführer hat die Berufspendler gestern hart erwischt. Züge fielen aus oder hatten Verspätung.
Düsseldorf. Selten hat die Anzeigetafel im Hauptbahnhof derart viel Beachtung gefunden. Jeder, der die Haupthalle betritt, legt den Kopf in den Nacken und schaut nach oben.
Dabei fallen die Blicke fast ins Leere. Tristes Schwarz ist zu sehen. Und ein paar dürftige Informationen. Die allerdings, haben den wenigsten Betrachtern gefallen: "Zehn Minuten später"; "Zwei Stunden später"; "Zug fällt aus".
Es ist Streik in Deutschland. Und in Düsseldorf. Verhältnisse wie in Belgien und Italien. Die Lokführer haben sich dazu entschieden, im Kampf um höhere Löhne die Muskeln spielen zu lassen. Keine Lokführer, keine Zugverbindungen. Die Gleichung ist simpel und sie geht an diesem Tag auf.
Um die zehn Züge gleichzeitig legen die Mitglieder der "Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer" (GDL) in Düsseldorf lahm. S-Bahnen sind darunter, Regional-Bahnen und Regional-Expresse. Erstaunlich, wie geduldig die Fahrgäste den Streik hinnehmen. Regelrecht solidarisch. "Wir haben viele Reaktionen bekommen, die überwiegende Mehrheit war positiv", sagt Sascha Wittwer von der GDL.
Die Lokführer kämpfen gegen einen Reallohnverlust von zehn Prozent seit 1994 und wollen 30 Prozent mehr Gehalt. "Viel zu viel", findet Fahrgast Verena Reichmann, "Verständnis habe ich dafür nicht." Die meisten anderen Bahn-Kunden sehen das anders. "Die wollen mehr Geld? Na, dann ist der Streik ja auch das einzige Mittel", findet Dimitris Katsamakis.
Das sieht man bei der Bahn naturgemäß anders. Der Konzern ist nämlich die Projektionsfläche für den Ärger der Fahrgäste. Die meisten beschweren sich vor allem über die mangelhafte Information. Die Streik-Hotline ist überlastet und dauerbesetzt, die Service-Mitarbeiter vor Ort am Info-Schalter schnell überfordert. "Wir haben so viele einzelne Meldungen gehabt, die sich auch so schnell wieder geändert haben, dass wir gar nicht mehr nachgekommen sind", gibt Bahn-Sprecher Torsten Nehring offen zu. "Wir mussten auf die pauschale Information über Lautsprecher umstellen."
So kam es zu Szenen wie beim Volkslauf: Dutzende Menschen laufen gleichzeitig los, weil ihr Zug Richtung Hamm auf Gleis 10 statt auf Gleis 7 einfährt. Nur mit einem beherzten Sprint schafft man es.
Volker Frink (40) kommt durch den Streik zu spät zur Arbeit in Wuppertal. "Für den Streik habe ich Verständnis. Aber die Info-Hotline der Bahn war eine Katastrophe. Dort hieß es, meine S-Bahn fährt. Und jetzt steht sie hier doch." Gerade, als er sich am Info-Schalter erkundigt, fährt seine Bahn auf einem anderen Gleis ein. Frink verpasst den Zug.