Prozess Student totgefahren: „Sie sind gerast wie eine wilde Sau“

Prozess um den Tod eines Studenten. Nur Jugendarrest und Führerscheinsperre für den Angeklagten.

Foto: Ingo Lammert

Düsseldorf. Der Angeklagte sah seinem Opfer am Mittwoch zum ersten Mal in die Augen. Demonstrativ hatten die Eltern von Maximilian C., die Giorgio M. als Nebenkläger gegenüber saßen, im Gerichtssaal ein Foto ihres Sohnes vor sich aufgestellt. Der 21 Jahre alte Student war im Juni vor zwei Jahren an der Bushaltestelle Further Straße in Hassels gestorben. Angetrunken und mit viel zu hoher Geschwindigkeit war der Schüler unterwegs, verlor die Kontrolle über den Opel Vectra und verwandelte die Haltestelle in ein Trümmerfeld. Maximilian C. wurde so schwer verletzt, dass er noch an der Unfallstelle starb. Wegen fahrlässiger Tötung musste sich Giorgio M. auf der Anklagebank verantworten.

Dass es ein ungewöhnlicher Prozess war, den Jugendrichter Edwin Pütz leitete, wurde schon vor Beginn der Verhandlung deutlich. Es drängten sich so viele Zuschauer in den Saal, dass der Prozess verlegt werden musste. Unter ihnen war auch Judith G., die Freundin des Opfers: „Ich war acht Monate lang jeden Tag an seinem Grab.“ Zusammen mit Freundinnen hatte sie T-Shirts entworfen: „Alkohol am Steuer tötet.“ Für Giorgio M. kommt die Botschaft zu spät.

Erst drei Wochen hatte der heute 20-Jährige damals seinen Führerschein. Mit dem Opel seines Vatersbrachte er einen Freund nach Bochum, auf dem Heimweg habe man im Benrather Schloßpark eine Bekannte getroffen. Drei Flaschen Bier habe man dort getrunken. Auf Nachfrage des Richters, wie die fast ein Promille zum Unfallzeitpunkt zustande kamen, räumte der Schüler ein, dass auch noch ein paar Schluck Wodka dabei gewesen sein könnten.

Obwohl der junge Mann eigentlich mit der S-Bahn nach Hause fahren wollte, setzte er sich noch hinters Steuer. Auf der Further Straße sprang die Ampel von Grün auf Gelb um: „Ich habe dann aufs Gas gedrückt.“ Knapp 100 Kilometer schnell ist er nach Feststellung eines Gutachters gewesen: „Dann waren plötzlich zwei Menschen mitten auf der Straße.“ Der Pkw krachte gegen die Haltestelle, erfasste den Studenten und schleuderte ihn mehrere Meter durch die Luft. Danach sei er „weggetreten“, so der Angeklagte.

„Es ist einer der Fälle, wo dem Gericht die Mittel fehlen, Gerechtigkeit zu üben“, erklärte Edwin Pütz in seinem Urteil, „Sie haben unfassbares Unglück über ganz viele Menschen gebracht.“ Es sei nicht nur unverantwortlich gewesen, sich als Fahranfänger ohne Erfahrung alkoholisiert ans Steuer zu setzen: „Sie sind gerast wie eine wilde Sau.“ Acht Monate Haft auf Bewährung hatte die Staatsanwaltschaft gefordert. Das Jugendgericht beließ es bei vier Wochen Jugendarrest. Allerdings darf Giorgio M. fünf Jahre lang keinen neuen Führerschein beantragen. Außerdem muss er die Schule abschließen und wird ein Jahr lang unter Betreuung gestellt.