Jazz-Rally in Düsseldorf Swinging Autokino — und alle sind begeistert

Düsseldorf · Die 28. Jazz-Rally kam in diesem Jahr als Festival mit Konzert-Film und Live-Acts auf den Messeparkplatz.

Die Jazz-Rally fand in diesem Jahr nur im Autokino statt.

Foto: Messe Düsseldorf

Zunächst sieht es einfach nur aus wie auf einem vollen Parkplatz mit 400 Autos. Es herrscht Stille. Nur hier und da verlassen Einzelne ihr Auto, um an der Bude ein Bier zu kaufen. Dann wird es dunkel und als auf der großen Leinwand zum Auftakt ein Live-Mitschnitt von drei Konzerten zu sehen ist, die in der Classic Remise ohne Publikum stattgefunden hatten, macht sich der Geist der Jazz-Rally im Nu breit und ein Ereignis der besonderen Art startet gleich zu Beginn durch: „Band Aid Jazz Rally & friends“ heißt das Experiment. Es beginnt Freitag kurz nach 22 Uhr und findet statt, weil die 28. Jazz-Rally mit 65 Konzerten auf 30 Bühnen und 300 000 Besuchern in diesem Jahr ausfallen muss.

50 Minuten lang sind der Soul- und Jazzsänger Udo Schild, die Talking Horns und das Marcus-Schinkel-Trio auf der Leinwand zu sehen, wie sie zwischen seltenen Oldtimern ein außergewöhnliches Konzert geben. Der Ton wird über die UKW-Frequenz 92,6 direkt auf das Autoradio übertragen.

Um 23 Uhr startet dann das Live-Konzert auf der Bühne im Autokino. Damit alle gut sehen können, wird auch der Live-Auftritt auf der großen Leinwand übertragen. Zur Band um Reiner Witzel (Saxofon), Nico Brandenburg (Bass), Sebastian Gahler (Piano) und Ralf Gessler (Drums) gesellen sich Solisten wie der Entertainer und Sänger Tom Gaebel und der Sänger Jeff Cascaro, der den Soul-Jazz in Deutschland populär machte. Mit dabei ist auch die aus Chicago stammende Soleil Niklasson, die schon mit Udo Lindenberg, Rod Stewart und Stan Getz auf der Bühne stand und Dieter Falk mit seinem Sohn Max am Schlagzeug. Der Düsseldorfer Komponist und Pianist Falk gehört mit fünf Echo-Nominierungen zur Spitze der deutschen Musikszene.

Kreativität in der Corona-Krise zeigen an diesem Abend nicht nur Veranstalter und Künstler, auch das Publikum bedankt sich nach jedem einzelnen Auftritt mit einem intensiven Lichthupenkonzert. „Ich komme mir vor wie im Film Cars, wo sich alle Autos wie Menschen benehmen“, ruft Jeff Cascaro von der Bühne herunter.

Die Zuschauer sind begeistert von der ungewöhnlichen Darbietung. „Dieser Abend kann die Jazz-Rally nicht ersetzen, bietet aber einen kleinen Trost“, sagt Thomas Rott, der für dieses Spektakel mit drei Freunden aus Bonn angereist ist. „Zum Glück habe ich durch mein Elf-Lautsprecher-Surroundsystem einen fantastischen Empfang hier im Auto“, freut sich Roland Gremmer in seinem SUV. Das Ehepaar Wilder gleich nebenan hatte zunächst Probleme mit dem Empfang: „Da war nur ein Rauschen, aber jetzt ist alles ok“, erklärt der Senior. Eine Drohne für die Bildübertragung sorgt während des Konzerts in den vorderen Reihen für unerwünschte Nebengeräusche und löst Unbehagen bei einigen Jazz-Freunden aus: „Ich habe das Schiebedach geöffnet und fühle mich irgendwie beobachtet, wenn die Drohne genau über mir in der Luft ist“, berichtet Marina Tepas. Das Ehepaar Steffens hat mit Jazz bislang wenig am Hut: „Wir sind einfach froh, mal rauszukommen, aber es gefällt uns sehr.“ Und Jürgen Kamphausen fasst am Ende zusammen, was wohl viele Besucher denken: „Das war eine tolle Atmosphäre mit Gänsehaut-Momenten und bequem war es im eigenen Auto obendrein auch noch.“

Bettina Schönherr vom Veranstalter Destination Düsseldorf, ist glücklich, dass Konzert-Film und Live-Acts so gut angenommen wurden: „Das war eine super Sache.“ Zum Preis von 58 Euro pro Pkw durften bis zu fünf Personen im Fahrzeug dabei sein.

Für Reiner Witzel, verantwortlich für die musikalische Regie und Leitung des Abends, war dieses Experiment aufwändig und aufregend: „Wir haben es geschafft, dass die Jazz-Rally nicht ganz ausgefallen ist. Das ist ein schönes Gefühl für uns alle.“ Es sei ein ganz und gar ungewöhnlicher Abend gewesen. „Dass der Applaus fehlte, tat nicht weh, aber es war seltsam, dass es kein spürbares Feedback gab, wenn man sich die Seele aus dem Leib spielt“, sagt er nach dem Konzert.

Witzel, der schon auf allen Kontinenten gespielt hat, war beeindruckt von der Ruhe und dem Respekt der Besucher: „In Südamerika etwa sind die Menschen temperamentvoller. Ich weiß nicht, ob man zu Corona-Zeiten überall ein solches Konzert durchführen könnte.“