Tuborine zeigt wieder Zähne
Das 115 Tonnen schwere Schneidrad wird an den Tunnelbohrer montiert. Dann geht es los mit dem zweiten Tunnel-Ast.
Düsseldorf. Kaum sichtbar bewegt Kranführer Tim Langer den Joystick im Führerhaus des gewaltigen Raupenkrans. Der 54 Meter lange Ausleger hebt sich ebenso wenig sichtbar und bringt das 115 Tonnen schwere Schneidrad an oberarmdicken Stahlseilen ganz langsam zum Schweben. Zehn Minuten später baumelt die Scheibe mit einem Durchmesser von genau 9,52 Metern über der Grube am Corneliusplatz — während entlang der gelben Warnbaken auf der Kö-Ostseite zahlreiche Passanten stehen bleiben und den spektakulären Moment mit Blitzlicht einfangen. Dann verschwindet das Schneidrad in Ultra-Zeitlupe im 22 Meter tiefen Schacht. Die Tunnelbohrmaschine „Tuborine“ hat wieder Zähne.
Und diese sind runderneuert, berichtet Verkehrsdezernent Stephan Keller am Montag beim Baustellenbesuch. Denn die 172 Schälmesser waren von der rund 1300 Meter langen Strecke durch den Untergrund von Bilk bis zur City reichlich abgenutzt. Die zweite und letzte Etappe wird dagegen fast ein Kinderspiel: Wie die WZ berichtete, geht es Anfang April für „Tuborine“ auf den 955 Meter langen Weg zum Wehrhahn.
Für den hat der Bohrer pro Meter den Stromverbrauch eines Vier-Personen-Haushalts im Jahr, erklärt Tunnel-Bauleiter Lars Bayer von der Baufirma Bilfinger Berger. Der 46-Jährige hat sich schon durch Hamburg, Lübeck, die Niederlande und Schweden gebuddelt. Immer zwei bis drei Jahre baut er eine U-Bahn irgendwo und zieht weiter. Jetzt untertunnelt der Düsseldorfer seine eigene Stadt. Und wohnt zur Abwechslung mal bei Frau und Tochter. „Die freuen sich natürlich“, sagt Bayer. „Obwohl wir uns am Anfang daran gewöhnen mussten, mal zusammenzuleben.“
Der Einsatz in Düsseldorf ist für Lars Bayer ein besonderer. Und einer, von dem er überzeugt ist: „Wir haben nachher bestimmt eine richtig schöne Innenstadt“ Einstweilen überwacht er in der Grube am Corneliusplatz, wie das Schneidrad in seine Position schwankt. Bis zum frühen Morgen, etwa zwölf Stunden lang, hängt es an den Stahlseilen. Bis die letzte Schraube angezogen ist. „Diese Kranführer sind speziell geschult, das muss millimetergenau ablaufen“, erklärt Bayer. „Und wir arbeiten rund um die Uhr im Schichtbetrieb.“ Bis zum Samstag wird dann der Riesenkran wieder abgebaut und in Einzelteilen abtransportiert.
Für Bayer ist die Montage des Schneidrades indes kein Meilenstein, höchstens Startschuss einer weiteren Etappe. Er fiebert dem Oktober entgegen: „Dem Durchstich natürlich!“ Dann kommt Tuborine am Wehrhahn ans Tageslicht, und der Bauleiter wird sich ein Glas Sekt genehmigen. „Mit dem Ausbau haben wir nichts mehr zu tun“, sagt Bayer. „Wir suchen uns dann eine neue Baustelle.“ Aber bitte wieder in einer anderen Stadt.