Verkehrschaos und Staus Umweltspur in Düsseldorf - Es läuft nicht rund

Düsseldorf · Tausende Pendler fahren jeden Tag nach Düsseldorf. Dementsprechend groß ist der Ärger über die neue Umweltspur.

Nach der Abfahrt auf der A 46 in Richtung Zentrum staut sich der Verkehr. Die Umweltspur ist frei. 

Foto: Schaller,Bernd (bs)

Seit Dienstag ist die umstrittene dritte Umweltspur in Düsseldorf in Betrieb. Trotz der Herbstferien läuft es nicht rund: Lange Staus bis auf die A46, dazu nur Schritttempo neben der leeren Umweltspur. Widerstand regt sich. Die Düsseldorfer CDU fordert die Rücknahme, eine Online-Petition läuft. Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) will trotz aller Kritik an der Sonderspur festhalten. Die Testphase läuft offiziell bis Ostern 2020. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Warum wurde die dritte Umweltspur in Düsseldorf beschlossen?

Die Umweltspur quer durch die Stadt wurde beschlossen, um ein drohendes Dieselfahrverbot abzuwenden. Sie soll den motorisierten Individualverkehr  eindämmen, um so den seit Februar 2019 bestehenden Luftreinhalteplan der Bezirksregierung Düsseldorf einzuhalten. Im Oktober 2018  klagte der Verein deutsche Umwelthilfe gegen den Entwurf eines Luftreinhalteplans. Seit Jahren ist die Stickstoffdioxidbelastung in der Stadt Düsseldorf über den zulässigen Grenzwerten. Die deutsche Umwelthilfe setzt sich dafür ein, dass die Grenzwerte nicht weiter überschritten werden. In der vergangenen Woche erneuerte der Verein seine Forderung nach einem Fahrverbot für alle Fahrzeuge bis zur Abgasstufe Euro 5/V.

Wie lang ist die Umweltspur und wer darf sie nutzen?

Die Umweltspur beginnt hinter der Autobahn-Ausfahrt am Südpark der A46 „Düsseldorf-Zentrum“, führt über die Werstener-, Witzel- und Mecumstraße und mündet nach der Erasmusstraße auf der Corneliusstraße. Diese soll in absehbarer Zukunft ebenfalls eine Umweltspur erhalten. Zwischen dem Kennedydamm und der Nordstraße wurde auf der Kaiser- und Fischerstraße eine Radspur eingerichtet, die teilweise für den Linienverkehr freigegeben wird.

Auf der Umweltspur dürfen Elektroautos, E-Scooter, Fahrradfahrer, Taxis, Busse und Fahrgemeinschaften mit mindestens drei Personen fahren. Als Personen zählen Menschen jeglichen Alters. In dieser Woche berichtete jedoch eine Mutter, dass Polizisten ihre Kinder bei einer Kontrolle nicht als Personen zählen wollten.

Wie viele Autos fahren bisher täglich auf der Strecke?

Die Nord-Süd-Verbindung Düsseldorfs wird nach Angaben der Stadt täglich von 40 000 Fahrzeugen befahren. Durch die teilweise nur einspurig befahrbare Verkehrsachse soll das Verkehrsaufkommen während der Rushhour um 20 Prozent reduziert werden.

Wie wird kontrolliert?

Die Polizei wird im Zuge ihres Streifendienstes Kontrollen durchführen. Schwerpunktkontrollen sind nicht geplant. Da nur die Polizei befugt ist, in den fließenden Verkehr einzugreifen, braucht das Ordnungsamt diese Amtshilfe. Diese muss zudem bei der Bezirksregierung beantragt werden.

Gibt es Alternativen für Pendler?

Bedingt. Die P&R-Parkplätze an der Strecke sind nicht ausgebaut, der ÖPNV noch nicht aufgestockt. Autofahrer können die schon dicht befahrenen Alternativrouten über Düsseldorf-Eller oder über den Südring nehmen.

Alternativrouten zur Umweltspur

Foto: klxm.de

Was sagen Kritiker?

Die CDU kritisiert die dritte Umweltspur als „verantwortungslos“. Für Düsseldorfs CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt haben sich die Befürchtungen bereits am ersten Tag bestätigt. „Auch die dritte Umweltspur ist eine Stau-Spur. Mir Rückstaus bis zur A46 sind wir trotz Herbstferien heute schon nah am Verkehrskollaps.“ Die CDU sieht in der Spur einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Der CDU-Verkehrsexperte Andreas Hartnigk bezeichnet sie als „gefährlichen Eingriff in die Verkehrssicherheit“. Außerdem stuft er das „ungeregelte Miteinander“ der auf der Umweltspur zugelassenen Fahrzeuge als problematisch ein. „Hier drohen Unfallschwerpunkte.“ Ein weiterer Kritikpunkt  sind die fehlenden, aber dringend nötigen  P & R-Parkplätze. Laut OB Geisel sollen diese Parkplätze in den nächsten Jahren gebaut werden. Aktuell werden jedoch erst Flächen für die Parkplätze gesucht.

Außerdem wird die Taktung von Bussen und Bahnen kritisiert. Die Kapazitäten des ÖPNV würden laut FDP, CDU und weiteren Kritikern nicht den Mobilitätsansprüchen gerecht. Busse und Bahnen müssten öfter fahren. „Hier werden Nadelöhre produziert, ohne dass vorher Alternativen für die Autofahrer geschaffen werden“, konstatierte FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus.

In sozialen Netzwerken berichten Pendler, dass sie mit ihrem Elektroauto zunächst im Stau stehen, ehe sie die Umweltspur erreichen. Gleiches gilt für Busse und Taxis. Andere meinen, dass die ausgestoßenen Abgase während des Staus nicht weniger sein dürften, als wenn der Verkehr fließen würde. Weitere Nutzer kommentieren, weshalb sie auf ihr Auto angewiesen sind. So sei es im Pflegedienst oder als Lieferant etwa nicht möglich, mit dem Fahrrad zu fahren.

Hat sich Widerstand formiert?

Ja. Im Internet ist auf der Plattform openpetition.de eine Petition erstellt worden, die die Abschaffung dieser dritten Umweltspur fordert. Nach zwei Tagen haben bereits über 2600 Menschen (Stand: Freitag 23.00 Uhr) unterzeichnet, das notwendige Quorum beträgt 3600 Stimmen.

Was machen andere Städte?

Eine Umweltspur gibt es etwa in Wiesbaden. In Hamburg und Berlin wurden Fahrverbotszonen für Dieselfahrzeuge eingerichtet. In Köln sollen ab Mitte Dezember Schnellbusse auf einer Sonderspur auf der Aachener Straße fahren. Zudem gilt seit dem 22. August ein Durchfahrtverbot für Lastwagen ab 7,5 Tonnen in der Innenstadt sowie für Teile von Deutz und Mülheim. Kreativ ging die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt das Problem an.

In Kiel wurde im Frühjahr der Prototyp einer mobilen Absaug-Anlage getestet. Diese „Stadtluftreiniger“ genannte Anlage soll die dreckige Luft in unmittelbarer Nähe zu einer Luftmessstation filtern. Aufgrund der Größe blockierte die Anlage allerdings den Fahrradweg.