Düsseldorf/Neuss Freier Raum in der Idylle

Düsseldorf/Neuss · Die Wiesen am Rhein zwischen Düsseldorf und Neuss nutzen Menschen auch mit ihren Tieren für eine Auszeit vom Alltag – es sind kleine Oasen der Natur.

 Ob mit Rennrad oder Diamantrad: Auf der Rheinallee wird Fahrradfahren dank weitem Blick und ampelfreier Fahrt ohne zwischen LKW und Autos eingeengt zu sein zum angstfreien Genuss.

Ob mit Rennrad oder Diamantrad: Auf der Rheinallee wird Fahrradfahren dank weitem Blick und ampelfreier Fahrt ohne zwischen LKW und Autos eingeengt zu sein zum angstfreien Genuss.

Foto: Fatima Krumm

Von Düsseldorf über die Josef-Kardinal-Frings-Brücke, der Südbrücke, und dann scharf rechts abbiegen. Auf die Rheinallee führt ein steiler Weg nach unten. So geht es zur Grenze zwischen Düsseldorf und Neuss. Die Allee trennt die Stadt vom Rhein, von Düsseldorf, trennt zwischen Ruhe und Hektik, vermeintlicher Frischluft und Abgasen.

Auf der einen Seite lärmen Lastwagen, auf der anderen Seite liegen die Relikte eines Kurzurlaubs vom Alltag: Eine Sonnenliege, daneben etwas Grillkohle und Müll. Urlaub in Grenzregionen ist seit Jahrzehnten beliebt. So auch hier, sechs Schritte neben der Allee. Manche Grenzgänger verschandeln selbst die schmalsten Streifen der Erholung.

 Stefan Heidinger lässt mit seinen Söhnen Maximilian (4) und Alexander (8) am Rheinufer einen Drachen steigen.

Stefan Heidinger lässt mit seinen Söhnen Maximilian (4) und Alexander (8) am Rheinufer einen Drachen steigen.

Hier spaziert der Erholungssuchende. Abseits des Trubels in der kleinen Oasen der Natur. Hier kann er ausbrechen aus Zwängen und Engen des Alltags und der Großstadt. So macht es der kleine Maximilian mit seinem großen Bruder Alexander. Schreie durchdringen die halb vorhandene Stille. Immer wieder schallt es hin und zurück. „Sie probieren das Echo aus“, sagt Vater Stefan Heidinger. Die Kinder grinsen. Hier auf der Wiese können die Jungs sich entfalten. Bei lauem Wind und grauem Himmel lassen sie einen Totenkopfdrachen steigen. Wenn der Wind nicht reicht, laufen sie schneller, rennen soweit, dass sie nur noch als kleine Punkte in der Weite erscheinen. „Hier kann ich sie laufen lassen, hier ist Freiraum“, meint Vater Heidinger und guckt seinen Söhnen nach. In der Stadt, die Heidingers wohnen in Düsseldorf-Eller, sei das nur eingeschränkt möglich. „Ob die nochmal wieder kommen . . .“ sagt er mit zufriedenem Blick. Das Rheinufer ist ein willkommener Platz, um die ersten Ferientage zu genießen. Bis zum Sommerurlaub dauert es noch ein wenig. Auch zum Wasser mögen die Jungs gern gehen. „Ich mag die Steine“, sagt Alexander.

Am Rheinufer flaniert der Erholungssuchende keine zwei Meter über dem Boden. Zeit und Platz zum Erden. Und 20 Meter drüber, auf der Brücke, rauscht der Alltag. Hier fließen das Wasser und der Gedankenstrom, der, einmal aus der Stadt entzogen, einsetzt, oben der Verkehrsstrom. Zirpende Grillen, Vogelgezwitscher, wie es in manchen Gegenden längst nicht mehr hörbar ist, unebene Wege und Insekten, die am Lipgloss kleben, zeigen an: Hier wird ein Stück Natur betreten.

 Hildegard Peltner und Mops Buddy gehen täglich am Rheinufer spazieren.

Hildegard Peltner und Mops Buddy gehen täglich am Rheinufer spazieren.

Foto: Fatima Krumm

Ruhe und Freiheit gibt es am Rheinufer für Mensch und Tier

„Ich genieße die Stille hier“, sagt Klaus Grobe. Schnellen Schrittes schreitet er voran, eine Cola als Energizer trägt er in der Hand. Er wolle fit bleiben. Deshalb läuft der 77-Jährige zu Fuß aus der Stadt bis zum Yachthafen, in dessen Nähe er wohnt. Ein gewisses Ruhebedürfnis war auch der Grund dafür, warum Grobe vor eineinhalb Jahren nach Neuss zog. „Wir haben vorher in Kaarst gelebt, aber der Flughafen wurde uns zu laut“, erzählt Grobe. Gebürtig kommt er aus Magdeburg, hat also schon mehrere Grenzen überschritten. Im Grenzbereich zwischen Neuss und Düsseldorf pendelt Grobe meist mit dem Fahrrad hin und her. Die Nähe zu Düsseldorf gefällt ihm. „Dort ist viel los“, meint Grobe, „aber Neuss hat ein ganz eigenes Flair.“

 Zwischen Gräsern und Feldern führt der Weg zur Fleher Brücke.

Zwischen Gräsern und Feldern führt der Weg zur Fleher Brücke.

Foto: Fatima Krumm

Wie viel Freiheit ein Stück Wiese bedeutet, weiß Mops Buddy zu schätzen. Kaum hat Hildegard Peltner die Rheinallee verlassen, öffnet sie ihren Korb auf dem Gepäckträger, da springt ihr der aufgeregte Buddy schon entgegen, bereit für die Freiheit. „Er schnüffelt überall“, erzählt Peltner. Eine Stunde läuft sie täglich mit ihm im grün-gelb gefärbten Rheinufer. Hier darf er ohne Leine laufen. „Dort“, sagt sie und deutet auf irgendwo hinter sich, „kontrolliert das Ordnungsamt immer.“ Peltner schiebt ihr Fahrrad vorweg, Buddy tapert hinterher, bleibt links und rechts stehen, guckt und schnuppert und riecht und freut sich. „Das ist unser Freizeitvergnügen“, sagt Peltner.

Nur Jogger und Hasen kreuzen am frühen Morgen den Pfad

Viele Städter kommen dorthin mit ihren Hunden. Spazieren mal in Richtung Hammer Eisenbahnbrücke, mal zur Fleher Brücke. Zu dieser führt der Weg ab der Erftmündung an der Grimlingshausener Hochwasserschutzmauer entlang. Nur Jogger und Hasen kreuzen am frühen Morgen den Pfad. Idylle pur. Die natürliche Geräuschkulisse wird von Schiffsmotoren und dem Atmen der Jogger durchbrochen. Es sind Atemzüge mit Frischluft aus dem Naturschutzgebiet. Mittendrin sucht ein Paar die Zweisamkeit, Abstand vom Städtischen. Der Blick schweift über Wiesen und Gräser und Felder. In den Städten stehen zu viele Häuser im Weg, als das Weitblick möglich wäre. Es ist das Banale, das im schmalen Grenzraum Freude bringt.