Verkehrserziehung: So trainiert die Polizei Kinder für den Straßenverkehr
Erfreulich: Es gibt weniger Unfälle mit Kindern. Die Polizei beklagt aber, dass viele Eltern nicht mit ihrem Nachwuchs üben.
Düsseldorf. Polizeihauptkommissar Udo Hodenius ist im Einsatz: In der evangelischen Kita am Grevenbroicher Weg sitzt er umringt von Fünfjährigen, eine Bären-Handpuppe auf dem Schoß. Die Kinder um ihn herum brüllen so laut sie können: „Am Bordstein ist Halt, damit’s da nicht knallt!“ Wieder und wieder.
Udo Hodenius und zwei Kollegen klappern Jahr für Jahr rund 150 der 330 Düsseldorfer Kindergärten ab, um mit den Vorschulkindern einen Fußgänger-Führerschein zu machen. Das spielerische Training hat einen ernsten Hintergrund: Noch Ende der 90er-Jahre galt Düsseldorf als gefährliches Pflaster für Kinder, lag die Unfallhäufigkeit laut Studien 20 Prozent über dem Landesdurchschnitt. Doch die Prävention scheint zu fruchten: Die Zahl der Kinderunfälle ist seit Jahren rückläufig. Und der positive Trend setzt sich bislang auch in diesem Jahr fort.
Seit 2005 (288 Unfälle) gingen die Zahlen kontinuierlich zurück. Und so geht es weiter, das zeigt die Statistik für die ersten zehn Monate dieses Jahres: Von Januar bis Ende Oktober gab es 195 Unfälle mit Kindern, im gleichen Zeitraum 2010 waren es in diesem Zeitraum 216 Unfälle. Auffällig: Die Fälle, bei denen Kinder Unfallverursacher waren — sich also falsch verhielten —, sanken von 38 auf 22. Im gesamten Jahr 2005 waren Kinder noch 82 Mal Verursacher eines Unfalls. Dass die Polizei die Kinder besonders ins Auge fasst, hat noch einen anderen Grund: Sind die Kleinen an einem Zusammenstoß beteiligt, werden sie auch fast immer verletzt.
Davon freilich wissen der fünfjährige Matteo und seine Freunde von der Kita Grevenbroicher Weg nichts. Seine Mutter Stefanie Mantovani sieht die Notwendigkeit des Verkehrstrainings umso deutlicher: „Matteo ist eigentlich sehr vorsichtig. Aber neulich ist er einfach über die Straße gerannt.“ Angesichts solcher Erlebnisse fühlt sie sich mitunter hilflos: „Man weiß gar nicht so genau, wie man einem Kind das richtige Verhalten beibringt.“
Deshalb bietet Hauptkommissar Hodenius neben dem Training für die Kinder auch eine Beratung für die Eltern. „Die Wahrnehmung der Kinder muss trainiert werden“, erklärt er. Denn: Während Erwachsene ein horizontales Blickfeld von 180 Grad haben, ist das der Kleinen auf 120 Grad beschränkt. Zudem können sie weniger gut einschätzen, woher Geräusche kommen, wie weit ein Auto entfernt ist und wie schnell es sich nähert. Die erwachsenen Autofahrer wissen um diese Defizite meist nicht — und auf dieses Unverständnis müssen sich die Kinder einstellen. „Der Bordstein ist eine Grenze, da dürfen die Kinder nie einfach drüber“, erklärt Hodenius die wichtigste Grundlage. „Und die Eltern sind Vorbild. Sie müssen immer am Bordstein halten.“
Während in den Kitas laut Udo Hodenius sehr viel für die Verkehrserziehung getan wird, sei das Engagement der Eltern sehr unterschiedlich. Gerade in sozialen Brennpunkten nehme man sich oft kaum Zeit, aktiv mit den Kindern im Straßenverkehr zu üben. Immerhin: Im vergangenen Jahr nahmen in Düsseldorf 27 534 Kindergartenkinder an der Verkehrserziehung teil. Hodenius und seine Kollegen können nur hoffen, dass dies dazu beiträgt, die Unfallzahlen weiterhin Jahr für Jahr zu drücken.