Hilfsbereitschaft Von der Hilfsbereitschaft zur wirklichen Hilfe
Düsseldorf · Ein 29-Jähriger versucht, Helfer und Hilfsbedürftige in der Nachbarschaft zusammenzubringen.
Die Zeit der weiter andauernden Corona-Krise ist auch eine Zeit wachsender Hilfsbereitschaft. Dass es aber gar nicht so einfach ist, seine Bereitschaft auch in reale Hilfe zu verwandeln, hat der Düsseldorfer Konstantin Schlösser jetzt erlebt. Deshalb hat er einen Weg gesucht, die Anonymität der Großstadt aufzubrechen.
Der 29-Jährige hatte als Grundschullehrer in den vergangenen Wochen viel freie Zeit. Also fasst er den Entschluss, Menschen aus der Risikogruppe in dieser Zeit zu versorgen. Auf Ebay-Kleinanzeigen inserierte er das Angebot eines Einkaufsservice. Mit großer Resonanz. „Ich habe früher mal eine Playstation oder so was da verkauft. Anzeigen wurden durchschnittlich vielleicht 100 Mal angeklickt“, erinnert er sich. Seine Hilfsanzeige hingegen brachte es in nur drei Tagen auf über 1000 Klicks. „Der Bedarf ist also ganz klar da“, meint Schlösser. „Aber keiner hat mir letztlich geschrieben. Das hat mich echt gewundert.“
Vielleicht sei das Internetportal einfach der falsche Kanal, glaubt der junge Düsseldorfer. Er fand andere Anbieter von Einkaufs- und Nachbarschaftshilfe und schrieb sie an – sie schilderten ähnliche Probleme. Ein Mann gab Schlösser dann den Tipp, einen ganz altmodischen Aushang im Treppenhaus zu machen. „Ich glaube, in der direkten Nachbarschaft wird Hilfe eher in Anspruch genommen, weil man sich zumindest flüchtig kennt.“ Er fand ein Muster für einen Aushang auf der Seite der Wuppertaler Uni und bot sich so als Einkaufshelfer in seinem Viertel in Flingern an.
Jetzt ist der 29-Jährige Wasserträger und auch Zuhörer für einen 93-jährigen Nachbarn, den er bisher nur von kurzen Begegnungen im Hausflur oder auf der Straße kannte – und der selbst nie um Hilfe gebeten hätte, obwohl er sie benötigt. Der frühere Polizist wohnt seit 1936 in Flingern, seine Frau wird aktuell wegen Alzheimer im Krankenhaus behandelt, und er darf sie nicht einmal besuchen. Zwar wird er von einem ambulanten Pflegedienst betreut, aber das Wasserkisten-Schleppen übernimmt jetzt der Grundschullehrer für ihn.
Auf Schlössers Aushängen können sich weitere Freiwillig eintragen, was sofort eine spanische Familie und eine Jungs-WG aus seinem Haus getan hatten. Das brachte ihn auf die Idee, weiteren jungen Menschen den Anstoß zu geben. Er schraubte eine Kiste zusammen, druckte die Musteraushänge aus und stellte sie auf der Fensterbank vor dem Haus zum Mitnehmen auf. „Das wird auch sehr fleißig gemacht“, sagt er – und hofft, dass so weitere Menschen in der urbanen Nachbarschaft zusammenfinden wie er und sein 93-jähriger Nachbar.