Von Hip-Hop bis Lyrik: Wenn Jugendliche Kultur machen
Bei der Nacht der Jugendkultur am Samstag konnten jungen Menschen an 17 Orten ihre Kreativität ausprobieren.
Düsseldorf. In der Jugendfreizeiteinrichtung Icklack in Flingern beginnt die Nacht schon um 12 Uhr mittags. So früh startet dort die „Nacht der Jugendkultur“ am Samstag mit dem Hip-Hop-Festival „Global Skillz“, weil die Veranstalter auch jüngeren Kindern ein Angebot machen wollen. Und so sind es vor allem Zehn- bis Zwölfjährige, die vor dem Gebäude ihre T—Shirts besprühen, während drinnen die DJs ihren Soundcheck machen.
Obertitel der Veranstaltung ist „Nachtfrequenz16“. Mit 135 Veranstaltungen in 66 Städten — die meisten davon abends — will die Landesvereinigung Kulturelle Jugendarbeit mit Unterstützung des Familienministeriums die Bandbreite der Jugendkultur vorstellen. Und anders als in vielen anderen Großstädten ist das Angebot in Düsseldorf tatsächlich sehr umfangreich.
Eine von 17 Veranstaltungen wird seit 2004 vom 46-jährigen Joker, Besitzer der Tanzschule JC Academy, organisiert. Für ihn ist Hip Hop nicht nur Musik, sondern ein Zeichen von Freiheit: „Ich bin in den Achtzigern darauf gestoßen, aber weil das Musizieren im Iran, meinem Heimatland, wie so vieles verboten ist, musste ich weg, um mich frei ausleben können.“ Er ist froh, diese Kultur Kindern und Jugendlichen nahebringen zu können, und dass das sogar von der Politik unterstützt wird.
Aktionen gibt es für die Jugendlichen genug: Unter anderem ein Breakdance-Contest, bei dem sie sich von bekannten Juroren aus aller Welt bewerten lassen können. Für die gute Stimmung auf der Tanzfläche verantwortlich ist unter anderem der Rapper „Neopren“. Er hat sich für die Veranstaltung begeistern können, weil hier die Vielfalt der Hip-Hop-Kultur betont wird: „Viele Leute denken, Hip-Hop wäre nur Rap, dabei gehören Graffiti genauso dazu wie Breakdance oder DJing. Und hier kommen alle Teile zusammen.“
Eine ähnliche Mischung aus Kunst und Musik bietet eine andere Veranstaltung, die „Music meets Arts“ in der Jugendfreizeiteinrichtung an der Franklinstraße. Neben Musik aus den Genres Rock und Pop gibt es hier eine Ausstellung, das Ganze firmiert unter dem Schlagwort „Art-Fusion“. Die Bilder kommen von den Kindern und Jugendlichen der Einrichtung, die ein halbes Jahr lang zusammen mit einem Künstler daran gearbeitet haben. Teilweise erkennt man viel Talent, aber allen sieht man das Engagement an. Die Frage, welche Kinder besonderen Bedarf nach solchen Einrichtungen haben, beantwortet der Sozialpädagoge Ralf Stritt: „Es ist für viele, die neu in Deutschland sind, ein Ort der Integration. Hier können sie neue Leute kennenlernen und kriegen Hilfe bei den Hausaufgaben, wenn sie zum Beispiel noch nicht so gut Deutsch sprechen.“ Dieser Eindruck bestätigt sich, wenn man sieht, dass hier die meisten Beschriftungen mehrsprachig sind. Auch die Bilder zeigen, dass einige Kinder das, was sie im Krieg erlebt haben, beim Malen verarbeiten. Ein Bild zeigt zum Beispiel, wie ein Schmetterling als Zeichen für Frieden gegen einen Panzer kämpft — und gewinnt.
Für manche ist es die moderne Form der Lyrik und Ausdruck der Gefühle einer Generation, andere sehen darin nur inhaltsleeres Geschwafel: Doch natürlich war auch die Kunstform des Poetry-Slams bei der „Nachtfrequenz“ vertreten. Schließlich handelt es sich um eine etablierte Kunstform in der Jugendkultur. Beim Poetry-Slam geht es darum, selbstgeschriebene Texte auf einer Bühne zu performen. Ein besonderer Clou dabei: In der Jugendfreitzeitstätte Ammerweg in Unterrath geben die Zuschauer bei jedem Auftritt Noten — und wählen so den Sieger des Abends.
Besonders hervorstechend ist die 22-jährige Luca Swieter, die den Alltag in einem Kindergarten mit Battle-Rap-Texten darstellt und so beides parodiert. Dabei reimt sie Zeilen wie: „Du hast noch Kicker gespielt, ich hab mit Stickern gedealt.“ Nach dem Auftritt erklärt sie, was für sie einen guten Slamtext ausmacht: „Es muss einfach Spaß machen, zuzuhören. Ein guter Slam ist immer auch eine gute Geschichte.“
Eine gute Geschichte ist offenbar auch die Nacht der Jugendkultur insgesamt. Denn sie fördert Kreativität und Engagement von Jugendlichen. Fortsetzung folgt hoffentlich im nächsten Jahr.