Analyse Warum der Kö-Bogen II ein Gewinn für Düsseldorf sein wird

Düsseldorf · Die Massivität der Ingenhoven-Gebäude stößt manchem übel auf. Vier Gründe, warum der Kö-Bogen II Düsseldorf bereichern wird.

So sieht das fertige Bauprojekt nach den Plänen von Architekt Christoph Ingenhoven in einer Simulation aus.

Foto: Centrum Gruppe

Die zweite Hälfte des Innenstadtumbaus nähert sich mit dem Kö-Bogen II dem Ende zu. Die beiden nach den Plänen von Architekt Christoph Ingenhoven entstehenden Gebäude am Gustaf-Gründgens-Platz sind zum Teil bepflanzt und haben längst ihre vollständigen Ausmaße erreicht. Die Baustelle ist zwar noch in vollem Gange, dennoch lässt sich nun eine gute Vorstellung davon entwickeln, wie es dort bald aussehen wird. Im Sommer sollen die ersten Geschäfte in den Neubauten eröffnen, im Herbst der neue Gründgens-Platz fertig sein.

Die Vorfreude hält sich jedoch in Grenzen, viele Düsseldorfer sehen dem Ganzen mit gemischten Gefühlen entgegen. Auch unsere Redaktion hatte wiederholt über die ausgeprägte Sorge berichtet, die prägenden Architekturikonen Dreischeibenhaus und Schauspielhaus könnten überspitzt gesagt in die Hinterhoflage eines Shoppingcenters mit Mietern wie Aldi geraten. Doch bei aller zum Teil berechtigten Kritik: unterm Strich bleiben vier Gründe, warum auch der zweite Teil des Kö-Bogens ein Gewinn für die Stadt sein wird.

1. Aufenthaltsqualität Der gewichtigste Grund dafür, ein Freund des Kö-Bogens (auch des ersten Teils samt Libeskind-Bauten) zu sein, ist der gewonnene Raum, in dem man sich gerne aufhält. Wo vorher Verkehrsknotenpunkte und -achsen verliefen, lässt sich nun Flanieren, Ausruhen, Kaffee trinken und vieles mehr. Was die Treppen vor der Landskrone der Libeskindbauten für den Kö-Bogen I sind, wird die Liegewiese auf dem Schrägdach des kleinen Dreiecksgebäudes von Ingenhoven für den Kö-Bogen II sein: besondere Plätze mit Aufenthaltsqualität für alle, ohne Verzehrzwang.

Gastronomie gibt es wiederum an den neuen Gebäuden, auch der neue Kassenpavillon des Schauspielhauses wird ein Café beherbergen. Der Gründens-Platz könnte also tatsächlich endlich ein Ort werden, auf dem nicht nur die Fallwinde toben, sondern wo Leben einkehrt.

2. Architektur Während Kritiker die Massivität und Dominanz des großen, bis zu 28 Meter hohen Hauses bemängeln, spricht Ingenhoven selbst von „einen selbstbewussten“ Gebäude. Und genau diesen Kontrapunkt können die beiden Wahrzeichen Schauspielhaus und Dreischeibenhaus nicht nur vertragen, sie brauchen ihn sogar. So entsteht ein neues Spannungsfeld, in dessen Mitte ein gefasster Platz mit Charakter entsteht. Zuvor hatte der Gründgens-Platz da eher etwas Verlorenes und Undefiniertes.

Hinzu kommt, dass die schrägen und begrünten Fassaden nicht nur aufgrund ihrer ungewöhnlichen Geometrie, sondern auch ihrer Dimension zur Attraktion, zu Hinguckern werden. Das könnte was von Großstadt haben, was für Düsseldorf ja nicht selbstverständlich ist. Allerdings hätte man sich eher die Fantasie einer Tita Giese für die Bepflanzung gewünscht statt schnöde Hainbuchenhecke.

Und ja, es stimmt: Von der Schadowstraße aus wirkt der Hauptbau ungeheuer wuchtig und er verstellt den Blick. Auch von der Achse Berliner Allee aus kommend ist das zunächst irritierend. Allerdings auch nur, weil die bis zum Krieg bestehende Bebauung dort nicht ersetzt wurde. Und vor allem ergeben sich durch das gesamte Kö-Bogen-Projekt neue Wege. Während die Verkehrsachse Berliner Allee im Tunnel verschwindet, ist auf der Achse des Tausendfüßlers eine neue Fußgängerzone entstanden, wo früher der Verkehr tobte. Und von dort aus betrachtet lehnen sich die beiden Bauten mit ihren abkippenden Fassaden förmlich zur Seite, um den Blick freizumachen. Übrigens ist das auch auf der anderen Seite des Gebäudes der Fall, wo die Planer ebenfalls auf Baumasse und Quadratmeter verzichten.

3. Planung Von hohem Wert für eine gelungene Stadtplanung ist zudem, dass Ingenhoven auch für die Modernisierung des Schauspielhauses verantwortlich ist und Rücksicht auf dessen Belange nimmt. So entsteht eine Planung aus einem Guss. Das Schauspielhaus nimmt etwa die neuen Sichtachsen auf, öffnet sich zum Platz, wird transparenter. Und die Kasse wird nicht einfach nur ausgegliedert, sondern dient dank Gastronomie zur Belebung des Platzes.

Dass Architekt und Intendant Wilfried Schulz hier Hand in Hand arbeiten, schafft Synergieeffekte. Denn Schulz will das Schauspielhaus mehr zu einem öffentlichen Ort machen, was die Düsseldorfer zu schätzen wissen werden, und dafür ist mehr Leben vor der Tür natürlich zuträglich.

4. Investitionen Zuletzt ist nicht nur der Kö-Bogen selbst ein Gewinn für die Stadt, vielmehr strahlt er auf seine Umgebung aus. Schon im Zuge der Realisierung der Libeskind-Bauten zogen die Investitionen etwa am Schadowplatz deutlich an. Häuser wurde saniert und neu gebaut. Diese Kettenreaktion setzt sich bis heute fort. Zahlreiche Gebäude aus den 60er Jahren haben ein kritisches Alter erreicht, die Investoren ziehen in der aufgewerteten Umgebung des Kö-Bogens die Konsequenzen. Doch nicht nur wirtschaftlich ist dieser Erneuerungsprozess gut für Düsseldorf. Denn gut aus sah das meist nicht, was da in den 50er und 60er Jahren an funktionalen Nachkriegsbauten entstanden war.