Weihnachtskind im Teenie-Alter
Mit 15 Jahren sind für Janine Freundinnen wichtig und Schauspielen. Sie hat auch schon viele Ideen für die Zukunft — auch abenteuerliche.
Düsseldorf. Vor ein paar Wochen kam Janine aus ihrem Zimmer nach unten gelaufen, mit einem Zettel in der Hand. Schon auf der Treppe rief sie „Mama!“ Auf ihrem Computer hatte sie sich eine Liste geschrieben, die sie ihrer Mutter zeigen wollte. Darauf hatte sie Dinge notiert, die sie machen und erreichen will — in den nächsten Jahren und danach.
Dass sie nach der Schule für ein Jahr nach Kalifornien will, stand darauf. Einen Bungeesprung machen möchte sie außerdem, unter freiem Himmel heiraten und zwei Kinder haben. Und ihre Schauspielerei vorantreiben.
Janine Krahl ist das Weihnachtskind der WZ — auch wenn man bald nicht mehr von einem Kind sprechen kann. Janine hat heute Geburtstag, wird 15 Jahre alt und hat gerade wieder Besuch von der WZ bekommen. Ein schwieriges Alter, mitten in der Pubertät? Janine wirkt gar nicht wie ein verstockter Teenie, sondern ziemlich entspannt.
Ihr Aussehen ist ihr schon wichtig, das sieht man an der modernen Kleidung. Eine enge schwarze Hose trägt Janine, eine Jeggins, wie sie erläutert. Dazu ein weit geschnittenes Oberteil und eine Mischung aus Schlauchschal und Poncho. „Das ganze Taschengeld fließt in Klamotten und Kosmetik“, beklagt ihre Mutter Christine Krahl. Aber etwas Verständnis ist auch in ihrem Blick.
Die Schauspielerei war vor einem Jahr das große Thema für Janine und ist es immer noch. Sie hatte sich gerade einer Gruppe angeschlossen und war noch ein bisschen unsicher. Im Frühjahr war dann die Premiere des Stücks „Teen Dreams“.
Die Eltern waren da und der Bruder. Ihren besten Freundinnen Sandra und Luisa hatte sie aber nicht erlaubt zu kommen — aus Sorge, es könnte doch irgendwie schiefgehen oder peinlich werden. „Ich war sehr aufgeregt“, erinnert Janine sich. Dann ist es aber gut gelaufen. Und aufgeregt sind auch viele bekannte Schauspieler, hat sie mal gelesen.
Lob gibt es auch vom kleinen Bruder Luca (11): „Sie hat Talent, sie hat nicht gelacht“, erinnert der sich. Denn viele Kinder vergessen ja auf der Bühne ihre Rolle und grinsen vor Anspannung und Glück.
Die Schauspielgruppe hat sich inzwischen neu gemischt, Janine ist jetzt schon ein alter Hase. Die Proben für das neue Stück haben begonnen, sie hat eine Rolle mit viel Text, erzählt ihre Mutter.
Bei den wöchentlichen Proben wird viel improvisiert, dann stellt Janine zum Beispiel ein Mädchen dar, das unglücklich verliebt ist oder eine hochnäsige Dame — für fünf Minuten, allein. „Das ist ganz schön lang!“ Am Anfang war Janine noch zurückhaltend bei solchen Übungen, inzwischen hat sie gelernt: „Man muss übertreiben, sonst sieht man es nicht.“
Zu Hause setzt sie sich dann noch mal hin und studiert ihren Text. Manchmal ändert sie Formulierungen, die ihr nicht so gut gefallen, und schlägt das ihrem Kursleiter vor. Vor dem Spiegel übt sie ihre Rolle.
Mit dem Auswendiglernen hat Janine keine Probleme. Auch die Texte ihrer Lieblingslieder — sie sagt: „Lyrics“ — sucht sie sich im Internet und hat sie schnell im Kopf. Oft läuft sie mit ihrem Smartphone und Ohrsteckern durch die Wohnung und singt laut mit.
Immer montags ist der Schauspielkurs, das ist der anstrengendste Tag in Janines Woche, denn sie hat vorher Langtag in der Schule. Auch der Rest der Woche ist vollgestopft. Da ist noch ein zweiter Langtag, einmal Mathenachhilfe, ein Sozialpraktikum für die Schule in der Kita, Tennis und zurzeit der Tanzkurs.
Gerade sind Sandra und Luisa bei Janine zu Besuch, die auch beim Kurs mitmachen. Wozu man den braucht, darüber sind die Mädchen sich nicht ganz einig: „Vielleicht für den Abiball?“, fragt Janine und stößt bei Luisa auf Skepsis, deren Schwester schon das Abitur hat. Sandra denkt, dass es bei der Hochzeit nicht schadet, wenn man tanzen kann. Übertriebener Ehrgeiz ist nicht im Spiel, Janine macht eine wegwerfende Geste und lacht: „Ich habe zwei linke Füße.“
Jungs scheinen weiter nicht das große Thema zu sein, mal abgesehen von ihrem kleinen Halbbruder Luis, der inzwischen vier ist. Doch dessen großes Vorbild ist zurzeit Luca mit seinen elf Jahren. Da ist Janine dann manchmal abgemeldet.
Im Urlaub auf Mallorca wurden Janine und Luisa am Strand von einem Jungen angesprochen, der sich abends mit ihnen verabreden wollte. 21 war er, wie sich herausstellte. Die Mädchen gaben sich für 17 aus. Die Episode tragen sie mit einigem verlegenen Gekicher vor. Die Verabredung schwänzten sie aber.
Luisa und Sandra kennt Janine schon aus ihrer Kitazeit. Gemeinsam amerikanische TV-Serien wie „Gossip Girl“ anschauen gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen der Mädchen. Auch „Germany’s Next Top Model“ verfolgen sie. Da wird auch schon mal zum Telefon gegriffen, um die aktuellsten Entwicklungen live zu kommentieren.
Sandra hatte zudem die Idee, dass Janine sich doch für die Castingsendung bewerben könnte, sie sei schließlich schlank, groß und hübsch. Und weitergedacht hatte Sandra auch schon: „Luisa und ich wollten zum Dreh anreisen und Heidi Klum kennenlernen“, sagt sie und grinst.
Aber Janine hat keine Lust. Sie hat ja andere Pläne. Ein Jahr Kalifornien und vielleicht Wellenreiten lernen. Später etwas mit Medien studieren und vielleicht Moderatorin werden, wenn es mit der Schauspielkarriere nicht klappt. Romantisch heiraten und zwei Kinder bekommen. Zuerst einen Jungen, denn sie selber hätte gern einen großen Bruder gehabt. Woher kommen die ganzen Ideen? „Ich denke oft nach“, sagt Janine, „zum Beispiel, wenn ich abends im Bett liege und nicht einschlafen kann.“
Dann überlegt sie sich zum Beispiel, wie es wäre, mit einem Seil am Fußgelenk von einer hohen Brücke zu springen. „Ich brauche schon Risiko“, sagt Janine und blüht bei dem Thema richtig auf. Ihre Augen leuchten, als sie von Besuchen im Phantasialand erzählt, wo sie am liebsten in alle Achterbahnen steigt: „Ich kriege da Glücksgefühle“, sagt Janine und schaut selber ein wenig ungläubig. Einmal ist sie mit Jenny gefahren, der zweiten Frau ihres Vaters. Die hat Janine verblüfft angeschaut und gesagt: „Du lachst ja die ganze Zeit!“
Doch neben den ganzen Zukunftsplänen ist da auch noch der schnöde Alltag. Im Sommer beginnt für Janine die Oberstufe. Da entspinnt sich plötzlich eine Diskussion zwischen ihr und ihrer Mutter über die Wahl der Leistungskurse.
Wie es ausgegangen ist, kann Janine ja in einem Jahr erzählen. „Vielleicht“, hat ihre Mutter zwischendurch mal gesagt, „hast du dann ja einen Freund hier neben dir sitzen.“ Worauf Janine mit den Augen rollte.