Weil er die Tür offen hielt: Fahrer warf Jungen aus Bahn
14-Jähriger bekommt 200 Euro Schmerzensgeld — weil ein alltägliches Problem eskalierte.
Düsseldorf. Überfüllt waren die Bahnen am Abend des 2. Juni vorigen Jahres, Tausende wollten zum japanischen Feuerwerk. Jede Menge Stress für Rheinbahnfahrer Jörg B. (Name geändert). Mit einem Tritt soll er einen damals 14-Jährigen aus der Bahn befördert haben, der seiner Mutter die Tür aufhalten wollte. Am Donnerstag musste sich der 40-Jährige dafür wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten — wegen einer Szene wie sie wohl hundertfach jede Woche vorkommt.
Jede Menge Betrieb herrschte damals an der Haltestelle Kölner Landstraße/Nosthofenstraße: Der Schüler hatte die Bahn mit seiner Mutter (42) gerade noch erreicht. Doch weil die Managerin draußen noch ein Ticket am Automaten holen musste, hielt der 14-Jährige die Tür der Bahn auf. Plötzlich sei der Fahrer aus seiner Kabine gekommen und habe zugetreten. Der Junge flog aus der Bahn und trug einen dicken blauen Fleck davon. „Wir haben dann die Rheinbahn informiert. Die wollte sich bei uns melden“, erklärte die Mutter am Donnerstag. Als aber tagelang keine Reaktion kam, habe man sich entschlossen, auf der Benrather Polizeiwachen Anzeige zu erstatten.
Die Polizei hatte schließlich Jörg B. als mutmaßlichen Fahrer ermittelt. Er soll am Tag der Tat allerdings eine große Sonnenbrille getragen haben. Darum konnten ihn weder Mutter noch Sohn eindeutig identifizieren. Allerdings wollte Amtsrichter Dirk Kruse das Verfahren auch nicht einfach einstellen. So entschloss sich Jörg B. zu einem „halben Geständnis“. Es habe in der Bahn „Tumulte“ gegeben, darum habe er die vordere Tür von Hand schließen müssen. Er habe nicht gesehen, dass der 14-Jährige sich dort befand — wollte es aber auch nicht ausschließen. So wurde das Strafverfahren gegen Zahlung von 500 Euro eingestellt. 200 Euro bekommt der Junge als Schmerzensgeld, 300 Euro eine gemeinnützige Organisation.
Selten kommt es vor, dass eine solche Szene derart eskaliert. Doch das Problem ist alltäglich: Hilfsbereite Fahrgäste, die auf den Bahnsteig eilenden Menschen die Tür aufhalten, sind an der Tagesordnung. Für die Rheinbahn eine ärgerliche Geschichte, wie Sprecher Eckhard Lander sagt: „Der Fahrer kann in diesem Moment kein Abfahrtsignal geben.“ Schalte eine Ampel in diesem Moment um, könne dies eine bis anderthalb Minuten Zeit kosten.
Insbesondere an gut besuchten U-Bahnhöfen werde die Tür manchmal sogar mehrmals hintereinander gesperrt, um ständig nacheilende Fahrgäste hereinzulassen. Der Fahrer ist dann angehalten, per Durchsage einzugreifen. Denn: „Ein Fahrgast wird vielleicht glücklich gemacht, aber 30 bis 40 an den nächsten Haltestellen sind wegen der Verspätung sauer.“