Verkehr Welche Erfahrungen andere Städte mit Umweltspuren machen

Düsseldorf · Mehr Staus oder Unfälle sind nicht aufgetreten. In Düsseldorf fällt eine Besonderheit auf.

Die Umweltspur in Mannheim auf der Bismarckstraße ist für Busse und Radfahrer freigegeben.

Foto: Stadt Mannheim

Noch sind die ersten Umweltspuren in Düsseldorf gar nicht markiert, vor massiver Kritik hat sie das jedoch nicht bewahrt. Der Verkehrswissenschaftler und Wirtschaftsprofessor Ferdinand Dudenhöffer hatte auf Anfrage unserer Redaktion von einem „Schildbürgerstreich“ gesprochen. Kurzum: Er sieht mehr Staus, mehr Emissionen und gefährlich lebende Radler voraus. Handwerkskammer sowie Industrie- und Handelskammer  argumentieren ähnlich. Wir haben uns deshalb vor dem Start in Düsseldorf in anderen Städten umgehört. Welche Erfahrungen haben sie gemacht? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist in Düsseldorf geplant? Rund um Ostern will die Stadt die ersten Spuren auf der Merowinger Straße (stadteinwärts) und der Prinz-Georg-Straße (in beiden Richtungen) freigeben. Nutzen dürfen sie E-Autos, Busse, Radfahrer und Taxis (kurios: die „Eddy“-E-Roller zum Leihen aufgrund des fehlenden E-Kennzeichens, also einer Formalie, bislang nicht. An einer Lösung wird gearbeitet). Experten prüfen, welche Auswirkungen dieser Eingriff in den Straßenverkehr hat, da eine Fahrspur für die übrigen Verkehrsteilnehmer wegfällt. Von der Auswertung hängt auch ab, ob auf der Achse unter anderem über die Corneliusstraße quer durch die Stadt Umweltspuren eingerichtet werden.

Wie unterscheidet sich die Umweltspur in Düsseldorf von anderen? Ungewöhnlich ist, dass auch E-Autos und Taxis auf der Spur in Düsseldorf unterwegs sein dürfen. Das ist etwa in Bielefeld, Mannheim und Münster nicht der Fall, in Berlin dürfen auch Taxis auf die Spur. Der Verkehrsclub Deutschland übt deshalb am Düsseldorfer Ansatz Kritik. Grund: „Die Zahl der Autos in der Stadt muss sinken“, sagt Sprecherin Almut Gaube. Deshalb sei der Verband gegen die Freigabe der Spur für E-Autos.

Wie vertragen sich Fahrradfahrer mit Bussen auf einer Spur? Die Antwort ist eindeutig: gut. Aus Berlin und Bielefeld heißt es etwa, dass keine besonderen Konflikte festgestellt werden konnten. In Mannheim kam es nach Auskunft eines Sprechers nur sehr selten zu gegenseitigen Behinderungen. So ist in beiden Städten wie auch in Münster keine erhöhte Zahl von Unfällen zu verzeichnen. „Gegenseitige Rücksichtnahme bestimmt das Verkehrsgeschehen“, sagt Ursula Gähr vom Presseamt der Stadt Münster, wo es bereits seit 30 Jahren Umweltspuren gibt.

Auch dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ist keine besondere Gefährdungslage auf Umweltspuren bekannt, wie es auf Nachfrage mitteilt.

Ein Problem ist dennoch in mehreren Städten aufgefallen. Sowohl in Mannheim als auch in Berlin stellen die Verkehrsplaner fest, dass viele Pkw-Fahrer die Umweltspur illegaler Weise zum Rechtsabbiegen nutzen.

Wie sind die Auswirkungen auf den Auto-Verkehr? Für Berlin sagt Sprecher Jan Thomsen, dass die zahlreichen Bus- und Radspuren nicht zu mehr Staus geführt hätten, dafür allerdings kämen die Busse deutlich schneller und verlässlicher voran. Aus Bielefeld berichtet Sprecher Uwe Borgstädt, dass das „von vielen erwartete Verkehrschaos  größtenteils ausgeblieben“ sei, nachdem die Spur im August 2018 in zentraler Lage eingeführt worden war. Auch Rückstaus seien kaum festzustellen. Über Verkehrsverlagerungen könne aufgrund von aktuellen Baustellen in der Stadt noch nichts gesagt werden.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in Bielefeld: „Drastische Auswirkungen auf den Kfz-Verkehr bzw. Beschwerden seitens der Autofahrer sind nicht bekannt“, sagt Stadtsprecher Jan Krasko. Das sei allerdings auch keine Überraschung, da es im Vorfeld aufwendige Verkehrssimulationen gegeben habe. Diese vermisst etwa Experte Dudenhöffer in Düsseldorf.

Welche Folgen für den Radverkehr zeigen sich? In Mannheim zeigen Erhebungen, dass die Spur sehr gut von Radfahrern angenommen wird. „Eine Radverkehrszählung hat bereits kurz nach der Einweihung einen Zuwachs von 50 Prozent ergeben“, sagt Jan Krasko. Zudem würden die Radfahrer nun weniger regelwidrig auf dem Gehweg fahren. In Bielefeld wird die Umweltspur laut Presseamt zu 30 bis 40 Prozent von Radfahrern genutzt.

Wie verändert sich die Schadstoffbelastung? Im Namen der Umweltspur steckt es ja schon drin, sie soll für bessere Luft sorgen, so dass Fahrverbote möglichst verhindert werden können. Deshalb hat man sie auch in Bielefeld eingeführt, offenbar mit Erfolg. Denn nun werden die Stickoxid-Grenzwerte eingehalten, was vorher noch knapp nicht der Fall war. Genaue Aussagen aus anderen Städte gibt es zu dieser Frage nicht. Aus Berlin heißt es nur allgemein: Je attraktiver die Alternativen zum Auto werden, desto eher werde auch auf sie umgestiegen. In Mannheim steht die Messstation zu weit entfernt. In Düsseldorf soll direkt an der Strecke gemessen werden.

Welche Schlüsse ziehen die Städte? In Münster ist man in Sachen Fahrradverkehr bekanntermaßen anderen Städten in Deutschland voraus. Deshalb setzt man laut Sprecherin Gähr mehr und mehr auf die Einrichtung von Fahrradstraßen, „von denen es in Münster bereits einige gibt“.

Aus Berlin heißt es, dass sich die kombinierten Spuren für Fahrräder und Busse bewährt hätten. Busspuren insgesamt sollen weiter ausgebaut werden, die Berliner Verkehrsbetriebe sollen zudem in die Lage versetzt werden, Falschparker selbst beseitigen zu können. In Bielefeld wird trotz guter Erfahrungen der Verkehrsknotenpunkt bald ohne Umweltspur umgebaut, mit einer eigenen Radspur, einer Spur für Busse und Kfz-Verkehr sowie einer Spur nur für Busse samt Haltestellen.