Düsseldorf Wenn Minis das große Rad drehen

Im Stadtrat wird es eine Sondersitzung zum Riesenrad geben. Politologe beklagt Zersplitterung.

Düsseldorf: Wenn Minis das große Rad drehen
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Das Thema ist einigermaßen absurd. Nachdem sich auf dem Corneliusplatz acht Jahre lang eine Großbaustelle für die U-Bahn befunden hat (inklusive nächtlichem Scheinwerferlicht), soll das Riesenrad, das jetzt für zwei Monate dort aufgebaut wird, die Tierwelt im Hofgarten nachhaltig stören. Behauptet jedenfalls die Mini-Fraktion Freie Wähler/Tierschutzpartei (drei Sitze) und erzwingt zu diesem Thema eine Sondersitzung des Stadtrates. Dass es ihr weniger um die Tiere, sondern vor allem um Aufmerksamkeit geht, das vermuten alle anderen Politiker im Rathaus. Doch nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von Mittwochabend bleibt ihnen nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

Die Stadt kommt der Forderung des Verwaltungsgerichtes nach einer „unverzüglichen Einberufung des Stadtrates“ nun rasch nach: Schon am Montag um 16.30 Uhr ist die Sondersitzung im Rathaus angesetzt. Auf der Tagesordnung steht nur dieses eine Thema. Die Verwaltung hatte zuvor gehofft, es reiche, wenn sie den Fachausschuss einschaltet. Das war der Fraktion Freie Wähler/Tierschutzpartei nicht genug — sie setzte den Antrag auf Sondersitzung gerichtlich durch.

Bei den etablierten Fraktionen sorgt diese Sondersitzung für genervtes Kopfschütteln, freilich werden sie alle im Ratssaal erscheinen, unklar ist nur, ob auch vollzählig. „Der Termin ist insofern noch erträglich, als ja um 15 Uhr der Hauptausschuss regulär tagt, und um 17 Uhr viele Fraktionen ihre normale Montagssitzung abhalten“, sagt SPD-Fraktionschef Frank-Ulrich Wessel. Diskutieren aber will man das Thema nicht, insofern dürfte das Ganze nur 15 bis 30 Minuten dauern. Das sieht Andreas Hartnigk für die CDU genauso, er aber ist verärgert über OB Thomas Geisel: „Die Sitzung ist inhaltlich überflüssig wie ein Kropf, aber geschuldet dem erneut dickköpfigen Verhalten des OBs“. Der „Volljurist Geisel“ hätte, so Hartnigk, bei einem Blick in die Gemeindeordnung feststellen können, dass eine Fraktion eine Sondersitzung nun mal beantragen darf.

Aber gibt es gar keine Bagatellgrenze? Darf jede Mini-Fraktion die gewählten Ratsleute für Nebensächlichkeiten ins Rathaus zitieren? „Ja“, antwortet Nicola Haderlein, Sprecherin des Verwaltungsgerichtes. „Das ist eine Frage des Minderheitenschutzes.“ Und: „Herr Geisel hat da ein gewisses Demokratiedefizit erkennen lassen. Das ist problematisch.“

In der Tat ist die Rechtslage eindeutig. In einem Referenzfall 2014 urteilten die Richter, dass die Verwaltung eine beantragte Ratssondersitzung nur verweigern darf „bei erkennbarer mangelnder Ernsthaftigkeit“ oder „wenn ein verständiger Sinn nicht möglich oder das Begehren aus tatsächlichen Gründen nicht beratungsfähig ist“.

Der Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann findet das unbefriedigend. Es sieht im aktuellen Fall „keine Relevanz für eine Sondersitzung“ und die Debatte als Beleg dafür, dass die vom Landtag beabsichtigte Einführung einer Sperrklausel sinnvoll ist. Demnach würden nur noch Parteien in den Rat einziehen, die mehr als 2,5 Prozent der Stimmen bekommen. Von Alemann: „Es gibt in einigen Großstadt-Räten Probleme durch zu starke Zersplitterung. Dem entgegen zu wirken, ist richtig.“