Karneval in Düsseldorf Wie die Venetia durch Altweiber rauscht

Düsseldorf · Unser Autor hat die Venetia in Düsseldorf an Altweiber begleitet - und festgestellt, dass das mit Feiern nur sehr wenig zu tun hat. Ein Erfahrungsbericht.

Venetia Sabine schneidet OB Thomas Geisel die Krawatte ab. Ihr Tagesziel von 88 Schlipsen erreichte sie jedoch nicht.

Foto: Andreas Krüger

Für die meisten Jecken bedeutet Altweiber Party bis zum Abwinken. Auch Sabine Ilbertz frühstückt normalerweise an diesem Tag mit ihren Freundinnen bei einem Gläschen Sekt, bevor es ins Uerige und auf den Carlsplatz zu den Venetien geht. Doch in diesem Jahr ist sie ja selbst die Venetia und als eben solche wartet auf sie ein anstrengender Tag. Mit Feiern hat das nur sehr wenig zu tun.

Allerdings stimmt die Umgebung, denn sie ist vor kurzem in das Steigenberger Parkhotel gezogen. Um 6.30 Uhr klingelt allerdings schon der Wecker. „Ich bin rasch unter die Dusche gesprungen und dann stand auch schon meine Friseurin Ines Fischer vor der Tür.“ Eine Gala-Frisur soll es werden und die ist sehr aufwendig. Bis zu 40 Haarnadeln stecken im Haar, meistens zumindest. Allerdings arbeitet die Friseurin unter erschwerten Bedingungen. Das Handy summt in einer Tour. „So viele Nachrichten wie heute habe ich noch nie bekommen. Alle wünschen mir viel Glück.“ Auch Papa Josef kennt die Telefonnummer seiner Tochter und hat mehrfach Gesprächsbedarf.

Inzwischen ist auch Visagistin Sille Strauss eingetroffen und macht sich an die Arbeit. „Am Anfang der Session haben wir fast eineinhalb Stunden gebraucht. Aber jetzt sind wir ein eingespieltes Team und sind nach etwa 50 Minuten fertig. Und Sabine ist eine Herausforderung, wie Sille Strauss erklärt: „Sabine hat eine trockene Haut und wenig Schlaf ist für die Haut auch nicht gut.“ Im Hauptberuf arbeitet Sille als Coach für Mitarbeiter und Führungskräfte. Der Job als Visagistin ist ihre Leidenschaft.

Irgendwann knurrt auch der Magen der Venetia

Altweiber in Düsseldorf 2019
7 Bilder

Altweiber in Düsseldorf 2019

7 Bilder
Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Inzwischen ist es kurz nach 9 Uhr, die Vorbereitungen sind abgeschlossen und der Magen knurrt. Endlich geht es runter zum Frühstück. Inzwischen kennt sie auch viele Mitarbeiter mit Namen und das Verhältnis ist ausgesprochen gut. Daher werden unterwegs noch ein paar Gespräche geführt. Sabine bevorzugt ein herzhaftes Frühstück mit Wurst und Käse, sie muss gut für den Tag gerüstet sein: „Wir haben heute elf Auftritte und wahrscheinlich keine Zeit zum Essen. So viel waren es noch nie an Altweiber für ein Prinzenpaar.“

Um 10.15 Uhr steht die Abfahrt zum Rathaus auf dem Programm. „Ich werden dort auf Krawattenjagd gehen. 88 Stück sind bis heute Abend mein Ziel.“ Sie werden schon von Oberbürgermeister Thomas Geisel erwartet und er ist das erste Opfer. Schnipp, schnapp — ist die Krawatte weg. Der trägt es natürlich mit Humor, außerdem hat er jede Menge Ersatz dabei. Sabine genießt den Blick auf die vielen Menschen auf dem Marktplatz. Um 11.11 Uhr öffnen sich die Türen, die Möhnen stürmen das Rathaus und es wird ziemlich voll.

Sabine ist nicht unglücklich, dass sie zu ihrem nächsten Termin ins Innenministerium fahren kann. Dort wartet Innenminister Herbert Reul auf sie. Er ist der oberste Dienstherr der Kriminaloberkommissarin und überreicht ihr einen Orden. Der Chef lobt und meint augenzwinkernd: „Sie macht das richtig gut, soll aber nicht vergessen, nach dem Karneval wieder zur Arbeit zu kommen.“

Jetzt ist es nur noch ein raus und rein. Ein Termin jagt den nächsten. Bezirksregierung, Handwerkskammer, Rheinbahn, zu den Venetien auf dem Carlsplatz usw. „Ich komme gar nicht dazu, Krawatten abzuschneiden. Aber ich habe mir den Job ja selbst ausgesucht“, sagt Sabine lachend. Auf dem Carlsplatz erwischt sie noch den Schlips vom Ex-Prinzen Simon Lindecke. „Das war aber erst der 15., ich werde mein Ziel wohl nicht erreichen.“ Aber eins hat sie schon freudig im Blick. „Der letzte Termin ist im Steigenberger bei der Altweiber-Party der Prinzengarde Rot-Weiss. Dann geh ich rasch in mein Zimmer, zieh mich um und feier mit den Jungs.“