Markenzeichen der Stadt Wie weit reicht das Copyright auf den Düsseldorfer Radschläger?
Düsseldorf · Zwei Frauen streiten vor Gericht um den Radschläger. Verhindert das Urheberrecht des verstorbenen Professor Becker ein ähnliches Symbol auf dem Düsseldorfer Siegel?
Wem „gehört“ der Düsseldorfer Radschläger? „Mir“, sagt die Klägerin. „Nein, der Radschläger gehört uns allen“, sagt die Beklagte. Freilich sind das nur sinngemäße und keine echten Zitate. Denn so streitet man sich natürlich nicht vor dem Düsseldorfer Landgericht. Das geht filigraner. In Juristensprache. Doch auf diese beiden Positionen lässt er sich durchaus zurückführen, der Streit, den zwei Frauen miteinander ausfechten. Die eine, Heike Kappes, ist am Mittwoch mit zwei Anwälten im Landgericht erschienen, die andere, Maren Jackwerth, vertritt sich selbst, schließlich ist sie Anwältin.
Heike Kappes ist Vorsitzende des „Vereins Professor Friedrich Becker e.V.“ Vereinszweck: Pflege und Bewahrung des künstlerischen Erbes des 1997 verstorbenen Friedrich Becker. Der war ein international bekannter Goldschmied, Designer und Professor an der Fachhochschule Düsseldorf. Zu seinen Werken gehört auch der Radschläger, der sich zum Beispiel an einer Pforte von St. Lambertus findet. Heike Kappes macht als Erbin des Künstlers die Urheberrechte geltend. Anderen, die den Radschläger ohne Erlaubnis in gleicher oder ähnlicher Anmutung verwenden, wird dies streitig gemacht. Wie jetzt durch Unterlassungsklage gegen Maren Jackwerth.
Jackwerth ist Rechtsanwältin unter anderem für Gemeinnützigkeitsrecht und Kunstrecht. Sie hat das Rheinische Stifterforum als Vernetzungsplattform für Soziales Engagement ins Leben gerufen. Über den Hausverlag „ardea-Alba“ wird das „Düsseldorfer Siegel“ (siehe Abbildung) vertrieben, zum Beispiel als Aufkleber, auf einer Kaffeetasse oder auf Taschen oder Hemden. Unter der Überschrift „Mein Herz schlägt für Düsseldorf” sind auf dem Siegel Düsseldorfer Charakteristika zu sehen: Rheinturm, Ueckernagel, bergischer Löwe mit Narrenkappe und Kö-Papagei. Und, vor allem, groß in der Mitte des Siegels: Der Radschläger.
Argumente und Bildbeschreibung durch die Richterin
Verstößt eben das gegen das Urheberrecht des verstorbenen Professors beziehungsweise der Frau, die dieses Recht nun als Erbin geltend macht? Deren Anwalt argumentiert vor Gericht so: der Radschläger von Friedrich Becker setze sich besonders ab von allen anderen Radschläger-Darstellungen. Er sei „sehr reduziert auf das x-förmige Element in flacher Form.“ Eben dieses x-förmige Element werde übernommen und eingebettet in das Siegel der Beklagten. Man könne doch auch nicht den Mercedes-Stern nehmen, durch Hinzufügen weiterer Elemente abwandeln und dann erwarten, damit durchzukommen. Es liege im Interesse des Künstlers, dass sein Kunstwerk „nicht durch Hinzufügungen verunstaltet wird“, formuliert der Anwalt drastisch.
Maren Jackwerth sieht das naturgemäß ganz anders. „Der Radschläger ist ein Kulturgut, das niemand einfach für sich pachten kann“, sagt sie am Rande der Gerichtsverhandlung. In der Verhandlung selbst kann sie sich entspannt zurücklehnen. Zwar will die 12. Zivilkammer des Landgerichts ein Urteil erst am 15. Juli verkünden. Die Vorsitzende Richterin Jutta von Gregory macht aber am Mittwoch bereits recht deutlich, zu welcher Entscheidung das Gericht tendiert. Sie vergleicht den Becker-Radschläger und den Radschläger auf dem Siegel und arbeitet die Unterschiede heraus: „Wenn man sich beides anschaut, dann hat der Radschläger von Professor Becker eine sehr reduzierte Form, die vom X geprägt ist. Und er dreht sich, wie das ein Radschläger nun mal tun muss.“ Bei dem Exemplar im Siegel sei der Radschläger in einen Kreis eingearbeitet und drehe sich dadurch. Anders als der Becker-Radschläger habe der auf dem Siegel keinen Hals und keine Füße. Jedenfalls, so fasst Richterin von Gregory zusammen, tendiere die dreiköpfige Richterkammer nach der Vorberatung dazu, dass es einen deutlichen Abstand zwischen beiden Darstellungen gebe. Mit der rechtlichen Konsequenz: es dürfte sich bei dem Siegel-Radschläger um eine freie Bearbeitung und keine Verletzung des Urheberrechts handeln.
Richterin von Gregory gesteht zu, dass sie und ihre Richterkollegen als Betrachter der Kunstwerke notgedrungen eine subjektive Sichtweise hätten, die nicht vom Oberlandesgericht geteilt werden müsse. Heißt: Entscheidet das Landgericht am 15. Juli in der einen oder anderen Weise, dann kann dies von den Richtern der nächsten Instanz ganz anders gesehen werden. In diesem Rechtsstreit dürfte noch ein weiteres Rad im Instanzenzug geschlagen werden.