„Wutchristen“ rebellieren gegen Kirchenschließungen

Evangelische Kirche: Gerresheim und Garath als Beispiele für die schwierige Umstrukturierung in den Gemeinden.

Düsseldorf. Mancherorts werden Düsseldorfer Protestanten zu „Wutchristen“. Als in Gerresheim die Gemeinde beschloss, zwei Kirchen aufzugeben, kämpfte eine Gruppe monatelang verbissen besonders gegen den Abriss der Apostelkirche. In Garath geht es jetzt ähnlich hitzig zur Sache. Hier hat sich das Presbyterium dazu entschlossen, die Hoffnungskirche aufzugeben und das Gemeindeleben an „Dietrich Bonhoeffer“ zu konzentrieren. Warum? Weil die Gemeinden Mitglieder und Steuereinnahmen verlieren und nicht mehr die ganze Infrastruktur halten können.

In Garath wollen sich rund 35 engagierte, meist ältere Gemeindemitglieder damit partout nicht abfinden. Sie gründeten den Verein „Hope 3“ und bieten nun gar ein eigenes Trägerkonzept an. Mit dem dort schon beheimateten Familienzentrum „Hell-Ga“ will man die Kirche pachten und so der Gemeinde Kosten von 55 000 Euro abnehmen.

Doch vorletzte Woche standen sie vor verschlossenen Türen, die Schlösser waren ausgetauscht. Allein aus versicherungstechnischen Gründen, beteuert der Garather Pfarrer Gernold Sommer. Neuerdings macht er den Aktivisten Hoffnung: „Wir sind da ganz offen und dieses Konzept genießt erst einmal Priorität“, sagt er. Es komme halt darauf an, dass es auch finanziell tragfähig sei. Gert Leibl von Hope 3 sieht da zunächst die Gemeindeleitung in der Pflicht: „Wir hoffen, dass sie bald korrekte Unterhaltungskosten für die Kirche vorlegt.“

Prinzipiell verweist Pfarrer Sommer auf die Mehrheitsverhältnisse: „Ich habe Respekt vor dem Engagement der Gruppe. Aber wir haben 6000 Gemeindemitglieder. Und ich möchte nicht wissen, was die sagen, wenn wir für 35 unsere Existenz auf Spiel setzen.“

Bei den genannten Kirchenschließungen und -verkäufen wird es nicht bleiben. „Hochrechnungen sagen, dass wir bis 2030 noch einmal 30 Prozent der Mitglieder und 50 Prozent der Steuereinnahmen verlieren“, sagt die neue Superintendentin Henrike Tetz. Fast jede Gemeinde wird etwas abgeben müssen, als Abnehmer stehen Kirchen aus Afrika oder Korea bereit.

In den Garather Konflikt mischt sich Tetz nicht ein, am letzten Gottesdienst in der Hoffnungskirche hat sie aber teilgenommen: „Die Trennung von einem Kirchengebäude ist für alle Betroffenen schmerzlich. Aber Gemeinden können sich vor solchen Entscheidungen nicht drücken, denn es geht um ihre Zukunftsfähigkeit“, sagt sie.

Die hängt mehr und mehr vom Geld ab. Es gilt die Losung, dass in jedem Stadtteil ein evangelisches Angebot erhalten bleibt — aber nicht überall das Rundum-Paket. Tetz: „Deshalb arbeiten wir an der Regionalisierung, der Kooperation im Stadtteil und zwischen Stadtteilen.“

Die Debatten begüßt Tetz ausdrücklich, „das zeichnet unsere Kirche doch aus“. Doch müssten sie in konstruktive Bahnen gelenkt werden. „Da haben alle in der Gemeinde Verantwortung. Und auch wir im Kirchenkreis.“

Dann werden auch keine Schlösser mehr ausgetauscht.