Fluchtdrama nach einem Roman von Irmgard Keun FFT zeigt Land aller Kinder

Düsseldorf · Inspiriert von Irmgard Keuns Roman „Kind aller Länder“ haben sich Andcompany & Co. Motive daraus vorgenommen und zu einer Performance verdichtet. Ihre Version, die unter der Beschreibung „Erwachsenenstück für Kinder“ firmiert und am Wochenende im FFT zur Aufführung kam, stellt Bezüge zur Gegenwart her.

Damon Taleghani im Stück „Land aller Kinder“.

Foto: Alexandra Polina

Aus dem Originalmanuskript der deutschen Autorin ist die Hauptfigur der zehnjährigen Kully geblieben. Andcompany & Co. verbinden ihre Geschichte mit persönlichen Erzählungen der Mitspielenden, beispielsweise der Autorin und Performerin Luna Ali – sie floh als Kind mit ihrer Familie aus Syrien – oder dem Deutsch-Iraner Damon Taleghani, dessen Eltern aus dem Iran nach Deutschland kamen.

Wie einst Keun muss auch die fiktive Kully mit ihren Eltern vor den Nazis fliehen. Ihre Reise führt die kleine Familie kreuz und quer durch Europa. Dabei stellen sich ihnen die Fragen, die wohl alle Flüchtenden weltweit betreffen: Wer ist ein Freund und wer der Feind? Gibt es jemanden, der sich für mich einsetzt? So fordert die Performerin Zümra Köseoglu in der Adaption des Stoffes: „Erkläre mir bitte Grenze!“, um sich selbst mit Kullys Hilfe die Antwort zu geben: „Grenzen sind unsichtbar. Sie sind etwas, das sich zwischen Beamten abspielt, die im Zug sind.“ Darauf fragt eine andere Performerin: „Aber wie wollt ihr beweisen, dass ihr über die Grenze gekommen seid, wenn sie doch unsichtbar ist?“ Damit entlarvt sie die Absurdität, etwas beschreiben zu wollen, was sich kaum erklären lässt.

Das Kollektiv arbeitet den Stoff kindgerecht auf und schreckt auch nicht davor zurück, die Problematik der Menschenrechte auf der Bühne zu verhandeln, indem es Fragen stellt wie: Wer bürgt für diejenigen, für die niemand bürgen kann? Was bedeutet es, ein Kind aller Länder und damit keines Landes zu sein? Sie kombinieren die Aufforderung an das Publikum, klein wie groß, genau hinzuschauen und hinzuhören. Wörter, die man nicht versteht, zu hinterfragen – so lange, bis man den Inhalt nachvollziehen kann.

Die Zeit drängt, das wird auch den Performenden bewusst. Ihr Visum läuft bald ab. Was kommt danach? Was wird mit ihnen passieren? Werden sie das „Land aller Kinder“ noch erreichen oder bleibt es ein unerfüllbarer Traum?

Andcompany & Co. versteht
sich als ein offenes Netzwerk

Das Theater- und Performancekollektiv, Andcompany & Co. hat sich 2003 in Frankfurt zusammengefunden und versteht sich als offenes und trotzdem verbindliches Netzwerk. Den Kern bilden Alexander Karschnia, Autor und Theaterwissenschaftler, Nicola Nord, Sängerin und Performerin, sowie Sascha Sulimma, Musiker und DJ. In ihren Stücken greift das Kollektiv oft historisch-politische Themen auf und präsentiert sie in zeitgenössisch-populärer Form.

Info Alles zu Aufführungsterminen und -zeiten unter
www.fft-duesseldorf.de.