Österreichische Kultautorin beim Asphalt-Festival Mit Sargnagel nach Amerika
Düsseldorf · Stefanie Sargnagel las beim Asphalt-Festival aus ihrem neuen Buch und unterhielt wie gewohnt mit Selbstbetrachtungen ihre Fans.
Ihr Lieblingswort ist „genau“, immer mit kleiner Gedankenpause anschließend. Manchmal wird es auch erweitert mit „Ja, genau“. Je nachdem. Aber meistens wohl nach Lust und Laune.
Stefanie Sargnagel ist auf dem Asphalt-Festival mit einer Lesung auf der hübschen Seebühne auf dem Schwanenspiegel zu erleben. Sargnagel ist schon so oft dagewesen, dass man das Gefühl haben kann, sie sei niemals so richtig weggewesen. Die gebürtige Wienerin hat praktisch ein Abo fürs Düsseldorfer Festival, und das aus guten Gründen: Immer sind ihre Auftritte anregend, unterhaltsam – und ausverkauft, auf die Fans ist Verlass.
Diesmal tritt sie mit ihrem Buch „Iowa“ auf, in dem sie von ihrem „Ausflug nach Amerika“ erzählt. Dabei sei es mehr eine Art Reisebericht, sagt sie gleich zu Beginn. Egal, ob Bericht oder Ausflug. Weil das Hauptthema fast aller ihrer Bücher ja immer Sargnagel ist. Also auch in „Iowa“.
Dorthin hatte man sie eingeladen, für knapp zwei Monate an der Uni einen Kurs in Creative Writing zu geben. Wobei ursprünglich eine andere Autorin reisen sollte, die aber war kurzfristig verhindert, und so entschied man sich wohl schweren Herzens, diesen Lehrauftrag der unberechenbaren, feministischen Sargnagel zu übertragen. Sagt jedenfalls Sargnagel.
Musikerin Christiane Rösinger reiste mit in die USA
Mit diesem Nimbus also tritt sie ihre Reise nach Übersee an. Mit dabei ist auf dieser großen Amerikafahrt auch die ein paar Jahre ältere Musikerin Christiane Rösinger. Die soll eine Freundin sein, sagt Sargnagel, aber im Grunde ist sie mehr eine willkommene Reibungsfläche. Ohne Rösinger wäre der Ausflug nur halb so lesenswert, zumal die Mitreisende das Manuskript vorab lesen durfte und mit diversen Anmerkungen – mit denen sich manches richtigstellt – das Buch bereichert hat. Also Amerika. Mit dem frühen Ladenschluss in allen Geschäften mit trostlosen Auslagen. Mit den menschleeren Straßen von Iowa. Der Fahrt in einem der legendären, aber total selten fahrenden Greyhound-Busse. Dem sterbenslangweiligen Dasein in der Provinz. Und vor allem mit dem Fernsehsessel, bei dem man das Fußteil hochklappen und in dem man prächtig chillen kann.
Doch eigentlich ist auch das mehr oder weniger egal. Weil Stefanie Sargnagel vor allem Stefanie Sargnagel interessiert. Die sich unter anderem ihre Gedanken darüber macht, wie schwer es erfolgreiche Frauen im Gegensatz zu erfolgreichen Männern haben. Während diese problemlos Groupies um sich scharten, kämen zur Lesung einer leicht übergewichtigen Bestsellerautorin Anfang 40 nur Frauen und keine jungen Männer. Genau darum sei die Kultur von Frauen ja auch viel ehrlicher. Denn ihnen ging es nicht um Sex, sie „opferten“ der Kunst sogar den Sex. „Ja, genau.“ Dabei hat sie grundsätzlich nichts gegen „polyamouröse“ Lebensweisen einzuwenden. Andererseits kennt sie keinen Mann aus ihrem Umfeld, „der zwei Frauen verdient hätte“.
„Amerika“ erzählt einmal mehr die Lebensgeschichte von Stefanie Sargnagel. Bloß in anderer Umgebung und mit dezent anderen Vorzeichen. Das Alter zum Beispiel ist hinzugekommen. Second-hand-Klamotten hat sie noch nie richtig gemocht – jetzt aber macht sie einen noch größeren Bogen um textile Zweitverwertungen. Denn wenn Haut und Gesicht anfingen, „ranzig“ zu werden, müssten wenigstens die Klamotten glatt sein. Sagt sie. Genau. Das alles plaudert sie im gewohnten Wiener-Schmäh-Singsang, aus vollem Herzen selbstgefällig, gerne auch eins drüber, kokettierend, ironisch, die Lacher ihrer Zuhörer stets im Sinn. Die kommen wie bestellt. Stefanie Sargnagel weiß, was ihre Fans erwarten. Und ihre Fans honorieren die Erfüllung ihrer Erwartungen. Sargnagel ist bei ihrer Lesung tief in die Sargnagel-Show eingetaucht. Darum scheint es der Amerikareisenden nicht ins Konzept zu passen, auch nur in ein paar Sätzen auf die politische Gegenwart des fernen Landes zu schauen und diese zu kommentieren. Vielmehr ist nach etwas mehr als einer Stunde auch schon Schluss. „Danke fürs Zuhören“, sagt sie noch und verlässt die Bühne. Mit einem Büchertisch hat es diesmal leider nicht geklappt. Doch wer ein Buch dabeihat, bekäme noch eine „Unterschrift“. Das Publikum klatscht zufrieden. Und nächstes Jahr dann wieder Sargnagel beim Asphalt-Festival? Genau. Also: Ja, vielleicht.