Essensreste kommen nicht in den Müll
13 Betriebe in Hilden und Haan bieten als Partner der App „Too good to go“ Lebensmittel zum Verkauf, die sie ansonsten hätten wegwerfen müssen.
Was macht man als Gastronom mit frischen Speisen, die am Wochenende nicht genug Gäste bestellt haben, wenn tags drauf erst einmal ein Ruhetag ansteht? Die einfache und dennoch unbefriedigende Antwort lautet oft: Ab in die Tonne. Dass eigentlich noch genießbare Waren im Müll landen, ist ein Problem, das Restaurants, Bäckereien und zahlreiche Supermärkte allzu gut kennen – das zugleich aber auch private Haushalte betrifft. Eine Studie des „World Wildlife Fund“ (WWF) etwa bezifferte die Menge der pro Jahr weggeworfenen Lebensmittel in Deutschland auf sage und schreibe 18 Millionen Tonnen – ein regelrechter Berg der Ressourcen-Verschwendung.
Sonntagabends gibt es im Lokal liegengebliebenes Essen
„Viele Menschen erwarten, dass alles jederzeit verfügbar sein muss“, sagt Dominik Winter. In seinem Restaurant „Palazzo im Wiedenhof“ in Gruiten will er seinen Anteil am Einsatz gegen die Vernichtung von Nahrungsmitteln leisten. Seit einigen Wochen bietet der Inhaber, zumeist sonntagsabends, übrig gebliebene Lebensmittel an. Das könne schon mal ein Kabeljau mit Kartoffelpüree sein, den er noch mit einer Sauce verfeinere, ein mariniertes Kalbstatar oder auch ein Teller mit kalten Vorspeisen – je nachdem, was eben noch verzehrbereit da ist. „Es ist eine Wundertüte“, sagt Winter.
Den Kontakt zu kurzerhand Interessierten knüpft er über die App „Too good to go“. Dort stellt er sein Angebot für vier Euro ein. Hungrige Kunden, die ihrerseits die App auf ihrem Handy installiert haben, können die geheimnisvoll als „Magic Bag“ angezeigte, vergünstigte Mahlzeit bestellen, online bezahlen, abholen – und somit zugleich vor dem Mülleimer bewahren.
Das simple, aber offenbar effektvolle Prinzip zieht schon seit Jahren weite Kreise. Gegründet wurde die App „Too good to go“ 2015 in Dänemark. Ein Jahr später schwappte die Welle nach Deutschland hinüber. Eine GmbH mit Sitz in Berlin betreibt die App. Laut Angaben des Unternehmens beteiligen sich weltweit inzwischen 45 Millionen Menschen an der digital organisierten Lebensmittelrettung. Zu den Geschäftspartnern zählen dabei Anbieter vom Tante Emma-Laden bis zu großen Supermarktketten.
In Hilden und Haan sind inzwischen 13 Betriebe mit von der Partie – den Anfang machte im Jahr 2019 die Großbäckerei BackWerk in Hilden. Immerhin 7000 Mahlzeiten seien in den beiden Städten auf diesem Wege gerettet und damit zugleich 17 500 Kilogramm CO2 eingespart worden, rechnet eine „Too good to go“-Firmensprecherin vor. Für Susanne Suckow, Prokuristin der gleichnamigen Hildener Bäckerei, hat sich die Teilnahme bewährt: „Wir geben auch Lebensmittel an die Tafel, aber deren Helfer kommen eben nicht jeden Tag“, erklärt Suckow. Seit Mai greift das Unternehmen nun auf die App zurück – und hat auf diesem Wege viele Waren noch kurzfristig an den Kunden gebracht.
Auch Dominik Winter würde die Vermittlungsplattform für Lebensmittel weiterempfehlen: Die App habe es ihm sogar ermöglicht, eine noch größere Speisekarte anzubieten. An einem der Abende habe er fünf Mahlzeiten abgegeben – und somit doch noch Einnahmen aus den gekauften Lebensmitteln erzielt. Gut ein Euro vom Preis geht an die Betreiber der App. „Es ist eine Win-Win-Situation“, resümiert Winter. Ein eingangs erwähntes Grundproblem aber könne die App letztlich trotzdem nicht lösen: „Wenn man als Kunde davon ausgeht, dass im Supermarkt abends um 18 Uhr alle Regale voll sein müssen, führt das zur Verschwendung.“