Missbrauchsskandal Fall Lügde - Ausschuss ringt um Kompromiss bei Opferschutz

Düsseldorf · Die Beweisaufnahme im Fall Lügde verzögert sich, weil die Aktenüberstellung strittig ist.

 Aktenordner aus dem Lügde-Prozess. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses im Landtag haben noch keinen Zugriff darauf. 

Aktenordner aus dem Lügde-Prozess. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses im Landtag haben noch keinen Zugriff darauf. 

Foto: dpa/Bernd Thissen

An diesem Freitag wird sich entscheiden, ob der parlamentarische Untersuchungsausschuss (Pua) zum Missbrauchsskandal von Lügde im Düsseldorfer Landtag in absehbarer Zeit mit der substanziellen Arbeit beginnen kann oder nicht. Zwar treffen sich die Abgeordneten schon zur vierten Sitzung, aber den für jede Aufklärung nötigen Einblick in die Akten haben sie noch immer nicht – auch weil bisher keine Einigkeit besteht, wie mit der in diesem Fall hochsensiblen Datenschutzfrage umgegangen werden soll. Diese Einigkeit soll jetzt möglichst hergestellt werden.

Bisher herrscht bei den Akten in erster Linie Konfusion. So hat beispielsweise das Jugendamt Hameln-Pyrmont Akten zur Verfügung gestellt, in denen entgegen der klaren Beschlusslage, die Namen der minderjährigen Opfer und ihrer Angehörigen unkenntlich zu machen, die Kinder zum Teil mit Klarnamen genannt werden, während die Mitarbeiter des Jugendamts geschwärzt wurden. „So sind die Akten für den Pua unbrauchbar“, sagt Dietmar Panske, CDU-Sprecher im Ausschuss.

Andere Akten wurden von den Behörden als Verschlusssache eingestuft und liegen unter Passwortschutz auf dem Server, sodass die Abgeordneten keinen Zugriff haben. Innen- und Justizministerium zogen vor der Aktenfreigabe zunächst die Landesbeauftragte für Datenschutz, Helga Block, zu Rate. Die beschied den Ministerien Mitte Oktober, für die Daten der minderjährigen Opfer gelte „aus datenschutzrechtlicher Sicht höchstes Schutzbedürfnis“. Auch die NRW-Opferschutzbeauftragte und frühere Generalstaatsanwältin Elisabeth Auchter-Mainz spricht sich deutlich „gegen eine Verwendung der Klarnamen der betroffenen Kinder und Jugendlichen“ in den Unterlagen aus. Andernfalls sei nicht mehr zu kontrollieren, ob diese Namen nicht doch in Umlauf gebracht werden könnten.

Die entscheidende Frage: Wer pseudonymisiert die Akten?

Konsens besteht bei den Fraktionen zwar offenbar darüber, dass die Kindernamen in den Akten einheitlich pseudonymisiert werden sollen. Aber die SPD will das erst im Landtag machen lassen, um denkbaren Manipulationen durch die Behörden vorzubeugen, deren Versagen ja vor allem im Fokus der Untersuchungen steht. Nach der Rechtsauffassung der CDU wäre aber schon die reine Weitergabe der Akten mit Klarnamen ein Datenschutzverstoß. Dazu dürfe man niemanden auffordern.

Die CDU plädiert daher dafür, die Pseudonymisierung schon in den jeweiligen Behörden durchführen zu lassen. „Ziel ist: Wir brauchen alle Akten, aber wir brauchen sie nicht gleichzeitig“, sagt Panske. Er schlägt vor, einzelne Aktenpakete abzuarbeiten und entsprechend dem Untersuchungsauftrag mit der Polizei zu beginnen. Verzögert sich eine Einigung im Ausschuss, verzögert sich nicht nur das ohnehin schon zeitaufwendige Aktenstudium, sondern daraus folgend könnten auch vorerst keine Zeugen vernommen werden.

Die FDP stützt die Einschätzung des Koalitionspartners: „Um den Opferschutz, den Datenschutz und die Arbeitsfähigkeit des Pua zu gewährleisten, scheint die Pseudonymisierung durch die Behörden der praktikable Weg zu sein“, sagt Marc Lürbke, Sprecher der FDP im Ausschuss. Eine so grundlegende Entscheidung zu den Opferrechten sollte aber einvernehmlich getroffen werden, appelliert er.

Auch Verena Schäffer von den Grünen fordert eine Lösung, „die sowohl dem Daten- und Opferschutz gerecht wird als auch den parlamentarischen Rechten genügt“. Wichtig sei aber vor allem, „dass der Ausschuss bald mit der Beweisaufnahme beginnen und die Fehler der Behörden aufklären kann“.