50 Jahre Stadt Willich Ein bebildertes Lesebuch für Willich
Willich · Udo Holzenthal und Bernd-Dieter Röhrscheid haben ihr zweites gemeinsames Buchprojekt abgeschlossen. Das „Making of“ eines Werks, das ohne 30 weitere Autoren nicht vorliegen würde.
„Schon die Haptik finde ich sehr gelungen. Es liegt nicht so schwer in der Hand wie die Stadtgeschichte Willichs von 2003.“ Udo Holzenthal streicht mit der flachen Hand über den Einband des jüngsten Buchprojekts: „50 Jahre Stadt Willich“. Und er lächelt, wie man lächelt, wenn ein großes, langwieriges Projekt zu einem guten Ende geführt worden ist.
Diese Lektüre soll nicht nur zeitlich betrachtet eine perfekte Einstimmung auf die Feierlichkeiten 2020 werden. „Das ist unser Kickoff.“ Der Startschuss ins Feierjahr.
Zwei Jahre Arbeit stecken zwischen den Buchdeckeln. Zwei Jahre redaktioneller Grob- und Feinabstimmung, die der Stadt-Archivar gemeinsam mit Bernd-Dieter Röhrscheid investiert hat.
Zwei Jahre allein sind schon eine Geschichte zum „Making of“ wert. Holzenthal schickt vorweg: „Das ist kein Remake der Stadtgeschichte, keine wissenschaftliche Aufarbeitung wie vor gut 15 Jahren, sondern ein reich bebildertes Lesebuch.“
Er und Röhrscheid hätten zu bestimmten Ereignissen Wunschautoren abgestimmt, angefragt und in überwiegender Zahl auch bekommen. „Wir wollten Autoren, die ein Ereignis über Jahre begleitet, Institutionen geprägt und etwas zu erzählen haben. Wir haben sie bekommen!“
Bei dem ein oder anderen Wunschautor hätten auch dicke Bretter gebohrt werden müssen. „Manche sind schon in Deckung gegangen, wenn sie uns gesehen haben. Aber wir waren hartnäckig.“
Ein Jahr bekamen die Zeitzeugen Zeit, um ihr Kapitel über vier bis sechs Din A4-Seiten zu formulieren. „Mehr Corsage bekamen sie von uns nicht.“
Startschuss für das Buchprojekt war im März 2017. Einen Monat zuvor hatte Bürgermeister Josef Heyes an Vorstand Lothar Birnbrich von der Willicher Kulturstiftung der Sparkasse Krefeld geschrieben. Er wies in seinem Antrag auf das Jahr 2020 hin, in dem die Stadt Willich ihr 50-jähriges Bestehen feiern würde. „Aus diesem Anlass soll ein Buch erscheinen, in dem an die Zeit von 1970 bis heute erinnert wird.“
Das Konzept, „nicht ein, sondern fast drei Dutzend Autoren“, kam an. Die Zustimmung kam. Und mit ihr bekam das Redaktionsteam Holzenthal/Röhrscheid zu tun: Themen setzen, Autoren anfragen, Fristen setzen, Interview-Termine vereinbaren, ungezählte Gespräche führen. Und, bei der Flut an kleinen und großen Ereignissen in einer jungen, prosperierenden Stadt, nicht den Überblick verlieren.
„Wir können uns blind aufeinander verlassen. Jeder weiß, wie der andere tickt“, beschreibt Holzenthal die Zusammenarbeit mit Röhrscheid. „Aber wir mussten auch die Festplatte wechseln.“ Denn hier ging es nicht um die Wissenschaftlichkeit und Recherche-Akribie wie bei ihrer Zusammenarbeit zu der „Geschichte der Juden in Willich“, sondern um das freie Erzählen der Autoren. Eingebaute Anekdoten, markante Äußerungen statt wissenschaftlicher Fußnoten mit Nennung von Primär- und Sekundärquellen. Dieses Buch sollte so leicht daher kommen, dass man es abends bei einem Glas Wein zur Hand nimmt und sich unterhalten fühlt.
Gespräche mit „alten Hasen“, mit denen Interviews im kleinen Sitzungssaal über die Stadt Willich geführt wurden, sind gefilmt worden: Albert Lopez, Klaus-Peter Pfeifer, Otto Busch, Heinrich Tummel, Renate Tippmann, Siegfried Bolduan, Joachim Spallek und Johannes Wallhorn kamen dazu ins Schloss.
376 Farbabbildungen haben es ins Buch geschafft – schon die Auswahl war eine Herausforderung. „Ausgelutschte“ Bilder, die schon jeder kennt, fielen durchs Raster. Sogar das ausgewählte Foto zu Heyes mit Fahrrad, ein Motiv, von dem es unzählige gibt, konnte dem Anspruch standhalten. Das Design des Buches auch.
Das Berliner Büro von Lukas Siebenkotten kennt den Namen Holzenthal nun auch sehr gut. Zeitliche Engpässe des Ex-SPD-Bürgermeister zogen Anrufe des Willicher Redaktionsteams nach sich.
Von beiden Texten, sowohl von Heyes, als auch von Siebenkotten, ist Holzenthal begeistert. „Erstaunliche literarische Fähigkeiten“ attestiert er Heyes.
Gelernt hat Holzenthal, der von Berufs wegen schon so gut wie alles über die Willicher Geschichte und Entwicklung weiß, aus den vielen Gespräche selbst noch: „Mir war beispielsweise die Schiefbahner Dominanz in den Anfangsjahren der Stadt Willich nicht so klar.“ Damals hätten sich deshalb Anrath, Neersen und Willich zusammengetan und Käthe Franke als Bürgermeisterin aufgebaut.
Nach der Buchpräsentation (Verkauf läuft ab Mitte November über die Willicher Buchhandlung, 28,80 Euro) wollen sich Holzenthal und Röhrscheid zum Bier treffen. „Noch“, sagt Holzenthal, stehe er sehr unter Strom. Aber das geglückte Konzept mit Röhrscheid zu feiern, an dem er nicht nur die Kompetenz, sondern „auch den Kumpel“ schätzt, lässt sich Udo Holzenthal nicht nehmen. Das Fazit des Düsseldorfers: „Willich ist eine absolut liebenswerte Stadt.“