Feldhockey Mittendrin im Rennen um den Bundesliga-Aufstieg

Düsseldorf · Hockey-Zweitligist DSD ist dem Spitzenreiter dicht auf den Fersen. Kenner der Szene meinen, der Aufstieg käme etwas zu früh.

Torwart Jonas Weißner (hier im Spiel gegen SW Köln) gehört zu den Stützen des Teams, das in der Halle den Sprung in die Bundesliga schon geschafft hat. Auf dem Feld könnte dieser Erfolg wiederholt werden.

Foto: RP/Ralph-Derek Schröder

Tobias Bergmann hat als Spieler, Spielertrainer und Trainer beim DSD viele knifflige Situationen erlebt. Nun ist es wieder so weit. Der Coach steht vor einem Luxusproblem. Die Grafenberger Hockey-Herren haben nur eins von acht Zweitligaspielen verloren. Die Bundesliga ist in Sichtweite. Erschwert wird der Blick auf das Oberhaus nur noch vom Topfavoriten GHTC aus Mönchengladbach - den die Düsseldorfer vor einigen Wochen mit 4:2 bezwungen hatten. „Die Kurve zeigt seit acht Jahren nach oben“, sagt Bergmann. Das sei natürlich eine erfreuliche Entwicklung, jetzt aber werde „die Luft in den oberen Regionen dünner“.

Von „Erfolgsdruck“ möchte Bergmann angesichts des zweiten Tabellenplatzes nicht sprechen, er beobachtet aber leichte Irritationen: „Der Sieg gegen Gladbach hat in der Mannschaft die Frage aufgeworfen, ob das irgendetwas an unseren ursprünglichen Zielen geändert hat.“ Die Frage steht immer noch im Raum. Wie will man einer Mannschaft, die drei Punkte hinter dem Tabellenführer liegt, wobei sie ein Spiel weniger bestritten hat, erklären, dass der Aufstieg vermutlich noch zu früh käme und man sich doch bitte beim Punktesammeln zurückhalten solle? „Je mehr Spiele man gewinnt, desto mehr steigen die Ansprüche“, folgert Bergmann. „Da wache ich dann morgens auf und frage mich: Wie kann ich den Jungs am besten helfen?“

Bei voller Fahrt auf die Euphoriebremse zu treten, wäre unsinnig, die Balance zwischen Begeisterung und Bodenhaftung naheliegender. „Die Herausforderung für mich als Trainer ist, den aktuellen Stand vernünftig einzuordnen und nicht zu viel zu verlangen.“ In den letzten Spielen habe die Unbekümmertheit ein wenig gelitten, nicht immer sei das Potenzial abgerufen worden. Kein Grund für Bergmann, an der jungen Mannschaft herum zu kritteln. Sein positives Menschenbild gibt die Strategie vor: „Je mehr man durchs Leben läuft, desto klarer wird einem, dass es den Menschen um Wertschätzung geht.“

Die Hoffnung wird beim DSD
auf viele junge Schultern verteilt

Während die Gladbacher mit individueller Klasse aufwarten, setzen Bergmann und seine Co-Trainer Tobi Jordan und Akim Bouchouchi auf Homogenität und Teamgeist. Dabei ruht die Hoffnung auf vielen jungen Schultern. „Wir halten an dem Konzept fest, vor allem auf die eigene Jugend zu setzen“, sagt Teammanager Holger Muth. „Wir wollen weiter an dieser Erfolgsgeschichte schreiben. Es gibt wahrscheinlich bundesweit im Leistungssport keine vergleichbare Story, in der sechs oder sieben 18-Jährige aus dem eigenen Verein Stammspieler sind.“

Juan Agulleiro könnte
Schlüsselrolle einnehmen

Käme der Aufstieg jetzt, sträubt sich niemand im DSD dagegen, ein Konzept ist vorhanden, punktuell wären Verstärkungen nötig. Denn der Nachwuchs könnte noch zu „grün“ für die Mammutaufgabe sein. Bergmann und Muth sehen die Gefahr, dass die Mannschaft - kaum in der Bundesliga - im Fahrstuhl wieder nach unten rauscht. Damit wäre das mitten im Wachstumsprozess befindliche Projekt nicht aufgehalten, aber vorerst ausgebremst. „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass man die Zweite Liga dominieren muss, um anschließend in der Bundesliga standhalten zu können“, weiß Bergmann. Von Dominanz ist das Team aber ein gutes Stück entfernt. Noch. Hält der Reifeprozess an, könnte es in zwei Jahren so weit sein. Dann fielen Aufstieg und 100 Jahre DSD zusammen.

Es wuselt beim DSD zwar nur so vor Talenten wie Ben Marquardsen, Max Bergs, Lukas Muth, Tassilo Sura, Niclas Schickenberg, Jakob Rodemerk und Ben Bockhoff, aber die Eckpfeiler sind älteren Datums. Das sind insbesondere die Spieler in hinterer Linie, Torwart Jonas Weißner (26), der in der Liga zu den stärksten seiner Zunft gehört, sowie Spielführer und Abwehrchef Paul Krüger (26). Kein Wunder, dass die Mannschaft mit nur zwölf Gegentreffern Ligaspitze ist. Trotzdem sieht Tobias Bergmann in der Defensive Verbesserungspotenzial. Aber nicht nur dort. „Es ist schwierig zu ermitteln, wer das Zentrum bildet, wer den Ball bekommen soll, wenn es eng wird. Das hat sich noch nicht so recht herauskristallisiert.“

Eine Schlüsselrolle könnte der ehemalige argentinische Nationalspieler Juan Agulleiro einnehmen. Der 34-Jährige ist begeistert vom Teamgeist: „Ich habe seit zehn Jahren nicht mehr in einer Mannschaft gespielt, in der sich die Jungs so gut verstehen.“

Auf dem Feld legt die Saison nach dem Heimspiel am Samstag gegen den Großflottbeker THGC (15 Uhr, Altenbergstraße) eine Pause ein. Ende November bis Ende Januar geht es in der Halle weiter. Dort werden sich die Spieler nach ihrem Aufstieg mit den Besten im deutschen Hockey messen können. „Die Jungs freuen sich auf eine knackige Saison in vollen Hallen - wenn Corona und Energiekrise mitspielen“, sagt
Bergmann.