Konjunktur im Kreis Mettmann Sorgenvoller Blick in die Zukunft

Kreis Mettmann · Unternehmer im Kreis Mettmann haben mit Blick auf ihre Zukunft zunehmend Sorgenfalten auf der Stirn. Vor allem wird Kritik an einer Wirtschaftspolitik laut, die wenig Planungssicherheit schafft.

Markus Stimmler (vorne) und Gerd Diestler von der Industrie- und Handelskammer haben Unternehmen nach ihrer Geschäftslage befragt.

Foto: Achim Blazy (abz)

„Wir haben keine guten Nachrichten.“ IHK-Volkswirt Gerd Helmut Diestler nimmt gar kein Blatt vor den Mund. Zweimal im Jahr fragt die Industrie- und Handelskammer (IHK) die Stimmung bei den heimischen Unternehmen ab. Und die ist alles andere als optimistisch, schlimmer noch – die Umfragewerte sehen ihre Lage so kritisch wie seit 15 Jahren nicht mehr, kritischer sogar als während der Pandemie oder der Finanzkrise, ausgelöst durch Insolvenz der Investmentbank Lehmann Brothers.

Was an der Auswertung der Umfrage anders ist

Neu an der Bewertung der aktuellen Lage ist: „Bisher kamen die negativen Impulse bedingt durch Energiekrise, Corona oder Kriege von außen“, erklärt Diestler. Das sei diesmal anders. Vielmehr führen die Unternehmen den Abwärtstrend auf strukturelle Defizite zurück. So leiden viele Unternehmen unter einem massiven Sanierungsstau der Verkehrsinfrastruktur. Zugausfälle, Baustellen oder Staus machen den Unternehmern und den Mitarbeitern zu schaffen. Eine angestrebte Energiewende, die kaum Rücksicht auf ökonomische Belange nehme, internationale Abschottungstendenzen und hohe Energiepreise belasten die Betriebe zusätzlich.

Konjunkturell schwächeln die Inlands- und die Auslandsnachfrage. Zudem belastet die deutsche Wirtschaftspolitik mehr, als sie Orientierung gibt. Europas Kurs ist nach der Europawahl unklar, ob es bei ihrer eher wirtschaftsfeindlichen Umwelt- und Energiepolitik bleibt oder ob sie auf einen Kurs einschwenkt, der stärker ökonomische Mechanismen berücksichtigt.

Ebenfalls eine neue Tendenz: Bisher waren einzelne Branchen betroffen, eine gute Auftragslage in anderen Branchen hat die Gesamtbilanz relativiert. So waren von der Bankenpleite im Jahr 2009 eher die Dienstleister betroffen, die Industrie ging weitgehend unbeschadet aus der Krise hervor. Das sieht jetzt anders aus. „Die Auftragseingänge in Industrie und Bauwirtschaft sind auf breiter Front rückläufig, besonders ausgeprägt in der Vorleistungsgüterindustrie und der Bauwirtschaft. Der produktions- wie konsumorientierte Großhandel verzeichnet deutliche Umsatzrückgänge, der Einzelhandel immerhin merklich weniger ausgeprägt. Logistiker sind durch die geringer nachgefragten Transportleistungen ihrer industriell-gewerblichen Kunden betroffen“, stellt der Volkswirt fest. Schlimmer noch: „Maschinen und Ausrüstungen der Industriebetriebe sind mittlerweile dramatisch schlecht ausgelastet“, zitiert Diestler die aktuellen Umfrageergebnisse. Sie liegt jetzt bei 72,5 Prozent. Besonders kritisch sei die Auslastung der Vorleistungsgüterproduzenten (Zulieferer) mit nur noch 68 Prozent. Danach befragt, ob die Unternehmen an eine Trendwende glauben, kommt ein klares „Nein“.

Vielmehr ziehen die Unternehmer im Kreis Mettmann ihre Schlüsse. Die Zahl der Insolvenzen sei in etwa gleichbleibend, stellt Diestler fest, aber es gebe durchaus Überlegungen, die ein oder andere Produktionsstätte zu verlagern. Generell sinke die Investitionsbereitschaft in den Standort, und auch die Nachfrage nach Arbeitskräften nimmt ab.

Da die Absatz- und Umsatzerwartungen im Inland rückläufig und aus dem Ausland nur ausgeglichen sind, ließen sich nachfrageseitig daraus dennoch kaum Konjunkturimpulse ableiten, so Diestler. Schließlich überwiegen bis auf die Bauwirtschaft in allen Wirtschaftsbereichen leicht beziehungsweise in der Industrie deutlich die Betriebe, die im kommenden Jahr mit verringerter statt mit zunehmender Personalstärke auskommen wollen oder müssen. „Das ist noch nicht dramatisch, denn immerhin zwei von drei Betrieben wollen ihr Personal konstant halten. Aber, der Arbeitsmarkt auch im Kreis Mettmann spannt sich weiter an“, so Diestler abschließend.

Was die Unternehmer optimistischer stimmen würde, davon haben sie klare Vorstellungen: Ganz oben auf der Wunschliste stehen zuverlässige politische Rahmenbedingungen; dicht gefolgt von dem Wunsch nach Bürokratieabbau. So binde die Einführung der CO2-Bepreisung oder das Lieferkettengesetz zu viel Arbeitskraft für administrative Aufgaben. Kurz formuliert: Einfach mal machen lassen.