Familien wieder vereint Issa bedankt sich bei seinen Helfern vom Petitionsausschuss

Düsseldorf · Dass der dreijährige Junge nach zwei Jahren wieder bei seinen Eltern in Deutschland leben kann, hat er auch der Unterstützung aus dem Landtag zu verdanken. Am Dienstag kam die Familie nach Düsseldorf, um Danke zu sagen.

Issa im kreise seiner Familie: (Vorne v. l.) die Schwestern Zahraa (8) und Dunya (6); (Mitte v. l.) Sigrid Beer (Grüne), Bedriye El Merhi mit Issa (3) und Louay El Merhi; (Hinten v. l.) Thomas Schnelle (CDU, stellvertr. Vorsitzender Petitionsausschuss) und Serdar Yüksel (SPD, Vorsitzender Petitionsausschuss).

Foto: Ekkehard Rüger

Vielleicht hat sich der kleine Issa an den Donnerstag vor dreieinhalb Wochen erinnert. Wieder muss er durch eine Sicherheitskontrolle, wie beim Abflug in Beirut. Wieder stehen da Leute und freuen sich, ihn zu sehen. Aber das ist diesmal nicht die Ankunftshalle des Düsseldorfer Flughafens, sondern die Bürgerhalle des Düsseldorfer Landtags. Und die da stehen, sind Mitglieder des Petitionsausschusses. Auch ihnen hat der Dreijährige zu verdanken, dass er wieder bei seiner Familie ist - nach mehr als zwei Jahren.

Issa El Merhi hat seine Familie mitgebracht: seine Mutter Bedriye (28), die im nächsten Monat ihr viertes Kind erwartet, seinen Vater Louay (37), seine Schwestern Zahraa (8) und Dunya (6), die für diesen Besuch in Düsseldorf schulfrei bekommen haben. Sie alle sind aus Essen angereist, um Danke zu sagen für die Unterstützung aus dem Landtag, die letztlich das Drama der Trennung beenden konnte. Als alle an einem Tisch sitzen, übergeben die Mädchen erst einmal Pralinen an den Ausschussvorsitzenden Serdar Yüksel (SPD), seinen Stellvertreter Thomas Schnelle (CDU) und Sigrid Beer, Sprecherin der Grünen. „Der ganze Ausschuss freut sich, dass Ihr Sohn wieder bei Ihnen ist“, sagt Yüksel.

5000 Menschen pro Jahr wenden sich an den Petitionsausschuss

5000 Menschen wenden sich jährlich hilfesuchend an den Petitionsausschuss, aber so ein Fall ist den Abgeordneten bisher nicht begegnet. Ein kleiner Junge, in Deutschland geboren, reist mit seiner Mutter in den Libanon, um deren verstorbene Schwiegermutter in ihre Heimat zu überführen. Als die beiden zurückfliegen wollen, wird dem Kind aufgrund seines von der Mutter abweichenden Aufenthaltstatus die Rückkehr verweigert. Später ändert sich auch noch der Status der Mutter, sodass sie nicht einmal mehr zu ihrem Sohn nach Beirut fliegen kann, um ihn zu sehen. Dabei leben die kurdische Türkin Bedriye El Merhi und ihr libanesischer Mann schon seit Kindestagen in Deutschland. Der Fall macht bundesweite Schlagzeilen.

13.000 Euro hat die Familie in mehreren Verfahren für Anwälte aufgewendet, gebracht hat es nichts. „Wir fangen jetzt von unter Null an“, sagt Louay El Merhi, aber es klingt nicht verbittert. Anfang 2018 befasste sich zum ersten Mal der Petitionsausschuss mit der Geschichte. Den Tipp hatte die Familie von dem heutigen Grünen-Vorsitzenden Felix Banaszak bekommen. Aber bei der sonst oft üblichen einmaligen Beschäftigung sollte es diesmal für die Abgeordneten nicht bleiben.

Monate dauerte es allein, um den Aufenthaltstitel zu erreichen, der überhaupt erst ermöglichte, die Familienzusammenführung zu beantragen. Als es dann so weit war, half nur ein glücklicher Zufall, den Antrag auch zeitnah an der deutschen Botschaft in Beirut zu übergeben. Sigrid Beer erfuhr, dass ihre Fraktionskollegin Berivan Aymaz eine Beirutreise plante, und band sie ein.

Der Termin war keine Selbstverständlichkeit: Die Botschaft ist das Nadelöhr für Tausende Anträge auf Familienzusammenführung auch aus Syrien, seit die Möglichkeit dazu in Damaskus nicht mehr besteht. Dafür reicht die Personalausstattung in Beirut aber an allen Ecken und Enden nicht aus. Die Bearbeitungszeiten liegen teils bei anderthalb Jahren, Untätigkeitsklagen sind an der Tagesordnung, bleiben aber folgenlos.

Ein langer Weg, ein glücklicher Zufall und ein gutes Ende

„Formal hätten wir die Petition an den Petitionsausschuss des Bundestages abgeben müssen“, erzählt Yüksel. „Aber wir wollten keine weitere Verzögerung.“ Denn die Tante, bei der Issa in Beirut untergebracht war, musste sich wegen einer Krebserkrankung einer Chemotherapie unterziehen. Die Familie hatte Angst, Issa könnte am Ende ins Heim eingewiesen werden.

Im Dezember wandte sich der Ausschuss angesichts der Zuspitzung an das Auswärtige Amt. Der dortige Staatsminister Niels Annen (SPD) setzte sich persönlich ein. „Ohne seine Hilfe hätten wir das nicht geschafft“, ist der Vorsitzende sicher. Denn die fortwährenden Verschleppungstaktiken der Behörden „haben sich uns alle nicht erschlossen“, sagt Beer. Einzig die Ausländerbehörde in Essen, die nach dem Umzug der ursprünglich Duisburger Familie zuständig war, habe die Zusammenführung von Anfang an unterstützt.

Issas Eingewöhnung habe problemlos funktioniert, sagt seine Mutter über die Erfahrungen der ersten Wochen. Allein die Straßenbahnen verfolgt er noch mit staunenden Blicken und Deutsch muss er erst lernen. Dafür ist er schon in den Problemen der deutschen Gegenwart angekommen: Der für den Spracherwerb so wichtige Kitaplatz ist nicht zu bekommen. Sie habe einen Rechtsanspruch darauf, wird die Familie von den Abgeordneten aufgeklärt. „Es gibt ja den Petitionsausschuss“, scherzt Beer. „Und das Verfahren ist kostenlos“, wirbt der Vorsitzende Yüksel. Kostenlos, aber im Gegensatz zu den Anwaltsbemühungen in diesem Fall nicht erfolglos.