Pilotprojekt der Augustinus-Gruppe in Kaarst Betreute WG feiert Zehnjähriges

Kaarst · In der betreuten Wohngemeinschaft in Kaarst lernen behinderte Menschen ihren Alltag weitegehend selbst zu bestreiten.

Als vor zehn Jahren die Einrichtung gegründe wurde, waren Alexander Krämer (l.) und Lina Thater (r.) schon dabei. Bereichsleiterin Kathrin Alonso hat mit den Bewohnern das zehnjährige Bestehen der WG gefeiert.

Foto: St.-Augustinus-Gruppe

. An den Fenstern hängen noch die Luftballons, die für die Geburtstagsparty aufgehangen wurden, die Bewohner werden sich wohl noch länger an die Feier erinnern: Anfang Oktober hat die erste Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung des Rhein-Kreises Neuss an der Münchner Straße ihr zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Mit dabei waren die Familien der insgesamt acht Personen, die hier auf drei Etagen wohnen. Zwei von ihnen sind vor zehn Jahren eingezogen: Lina Thater und Alexander Krämer. Thater war damals erst 19 Jahre alt, als sie von zu Hause auszog, um auf eigenen Beinen zu stehen. Ihre Eltern wagten den Schritt – und haben es bis heute nicht bereut. In der betreuten Wohngemeinschaft machte Lina in den vergangenen Jahren große Fortschritte. „Früher war Lina noch auf den Fahrdienst angewiesen und musste beim Einkaufen begleitet werden. Das kann sie mittlerweile alleine“, sagt Kathrin Alonso, Bereichsleiterin der St.-Augustinus-Gruppe für die Stadt Kaarst, in der es insgesamt sechs WGs und ein Einzelappartement für Menschen mit Behinderung gibt.

An jedem Sonntag wird
die Woche geplant

Das Zusammenleben funktioniert gut. „Wir helfen uns gegenseitig und fahren auch zusammen in den Urlaub“, sagt Lina Thater. Und es gibt viele gemeinsame Aktionen wie Ausflüge, Kochen, Plätzchen backen in der Weihnachtszeit, Spieleabende oder Kino-Besuche. Dabei können sich die Bewohner aussuchen, welche Angebote sie wahrnehmen möchten. Jeden Sonntag wird in einer WG-Besprechung der Plan für die nächste Woche festgelegt. Die Woche ist stramm durchgetaktet: Alexander Krämer beispielsweise geht jeden Dienstag zum inklusiven Zumba bei der SG Kaarst, Lina Thater geht schwimmen und tanzen. Und beide gehen einer geregelten Arbeit nach: Krämer ist Bestandteil des Kunstcafés Einblick und arbeitet dort im Schichtdienst, Thater arbeitet in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Am meisten freut es Kathrin Alonso, dass die Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft angekommen sind. „Sie wohnen hier ziemlich zentral und haben alle Einkaufsmöglichkeiten quasi vor der Tür. So sind sie Teil des öffentlichen Lebens.

Das Projekt entstand
durch eine Elterninitiative

Rund um die Uhr ist einer der insgesamt 15 Mitarbeiter für die Bewohner vor Ort und Ansprechpartner bei Fragen oder Problemen. Entstanden ist das Projekt durch eine Elterninitiative, die sich vor zehn Jahren auf die Suche nach einer passenden Wohnmöglichkeit für ihre erwachsen gewordenen Kinder gemacht hat. Über Netzwerke wie der Sebastianusschule oder dem Kunstcafé haben die Eltern dann zusammengefunden. „Das hat gut zwei Jahre gedauert und es mussten Kostenverhandlungen mit der Stadt geführt werden“, sagt Alonso.

Krämer und Thater haben viel gelernt: Aufräumen, Wäsche waschen, kochen, einkaufen – alles, was zu einem normalen Mietverhältnis dazu gehört. „Hier steht der Fokus auf Selbstständigkeit“, erklärt Alonso. Sollten die Bewohner doch mal Hilfe brauchen, ist immer jemand da.