Unfälle mit Kindern „Der Dezember ist die gefährlichste Zeit des Jahres“
Serie | Kempen · Was viele Menschen vor Weihnachten gemütlich und romantisch finden, kann für kleine Kinder sehr gefährlich sein.
Wenn im Wohnzimmer das Kaminfeuer munter prasselt, die Kerzen am Adventskranz brennen und die Eltern beisammensitzen und Kaffee trinken, lässt sich die Vorfreude auf Weihnachten richtig genießen. Mag man denken – doch all diese Dinge bergen für Kinder Gefahren. Das weiß Sonja Michiels aus Viersen. Sie ist selbst Mutter von zwei Söhnen, als freiberufliche Kinderkrankenschwester gibt sie seit sieben Jahren Kurse zur Ersten Hilfe am Kind, unter anderem in Viersen-Süchteln und Krefeld, seit Anfang 2023 auch im Hospital zum Heiligen Geist in Kempen.
Nach Angaben des Vereins Paulinchen, einer Initiative für brandverletzte Kinder, müssen allein in Deutschland jedes Jahr mehr als 30 000 Kinder unter 15 Jahren mit Verbrennungen und Verbrühungen ärztlich versorgt werden, circa 7500 Kinder verletzen sich so schwer, dass sie stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen. Auf die Gefahren macht der Verein alljährlich bundesweit mit dem Tag des brandverletzten Kindes am 7. Dezember aufmerksam. „Der Dezember ist der Monat mit den meisten Verbrennungsunfällen“, sagt Sonja Michiels. Kerzen im Advent, Feuerwerk an Silvester – immer wieder kommt es in dieser Jahreszeit zu Unfällen.
In ihren Erste-Hilfe-Kursen erklärt und zeigt Michiels Eltern, Großeltern und anderen, die mit kleinen Kindern umgehen, wie sie im Fall der Fälle rasch Erste Hilfe leisten können. Sie gibt aber auch Tipps, wie sich Unfälle vermeiden lassen, damit es erst gar nicht so weit kommt. Sie wolle Eltern keine Angst einflößen, betont Michiels, „aber zu einer gesunden Unfallprävention anregen“.
Mit Blick auf die Vorweihnachtszeit mit Kerzen und Kaminfeuern fängt diese damit an, Kinder von offenem Feuer fernzuhalten. „Beim Martinsfeuer halten alle Abstand“, sagt Michiels, „aber bei der Kerze zu Hause hat keiner die Gefahr auf dem Schirm.“ Kaminöfen seien besonders gefährlich, so Michiels, „da kann man 500 Mal sagen: ,Das ist heiß‘, und dann fasst das Kind trotzdem dran.“ Deshalb sei es wichtig, Schutzgitter aufzustellen und diese auch so weit weg vom Kamin zu platzieren, dass Kinder mit ihren Ärmchen nicht durch die Gitter an den Kamin fassen könnten. Streichhölzer und Feuerzeuge sollten für Kinder unerreichbar deponiert werden, offenes Feuer und brennende Kerzen sollte man nie unbeaufsichtigt lassen. Und wer an Silvester Wunderkerzen anzündet, sollte diese nicht den Jüngsten in die Hand geben: Durch den Funkenflug könnte die Kleidung Feuer fangen.
Ebenfalls mit Risiken verbunden: vieles in der Küche. „Die Küche ist der gefährlichste Ort im Haus“, sagt Michiels. In vielen Haushalten beliebt: Lerntürme, die Kinder an Herd und Arbeitsplatte heranschieben können. Aber: „Durch die Höhe eröffnet sich Kindern eine ganz neue Welt“, sagt Michiels. So gelangten die Kinder an weitere Schränke, an Messer, auch an den Wasserkocher, in dem sich noch heißes Wasser befinden kann. Das heiße Backblech voller Plätzchen, das auf dem Herd abgestellt wird, ist für Kinder interessant, „dann packen sie aufs Blech“, warnt Michiels. Viele Kinder wüssten noch nicht, dass Dinge heiß sein könnten, und so könne es sein, dass Kinder eine Hand in den Brotschlitz des noch heißen Toasters schieben.
Kleine Kinder greifen nach dem herabhängenden Tischdeckenzipfel (weshalb man besser auf Tischdecken verzichten sollte), nach Töpfen und Pfannen auf dem Herd (weshalb man besser die hinteren Platten zum Kochen benutzt).
Kochfelder sollten mit Herdschutzgittern gesichert werden, Heißgetränke sollten nie so nah an den Rand von Tisch oder Arbeitsplatte gestellt werden, dass ein Kinderhändchen die Tasse herunterziehen könnte. Gefährlich auch: Kaffee trinken mit Kind auf dem Schoß. Der Kaffee kann über 70 Grad heiß sein, ab 52 Grad verursachen heiße Flüssigkeiten schon Verbrühungen der Kinderhaut.
Um Gefahren für Kinder zu vermeiden, setzen viele im Advent auf LED-Teelichter. Aber: „In den LED-Lichtern sind Knopfzellbatterien“, warnt Michiels: „Es kommt immer wieder vor, dass Kinder diese herausholen und verschlucken.“ Dann ist Eile geboten, denn: „Batterien können schlimmste Verätzungen auslösen.“ Viele Batteriefächer von Spielzeug seien deshalb verschraubt, doch nicht immer. Eltern sollten sich deshalb stets vergewissern. Ein Risiko stellt auch die unterschiedliche Verwendung von Leuchtmitteln in verschiedenen Haushalten dar: Hat das Kind zu Hause etwa gelernt, dass LED-Lampen nicht heiß werden, kann es sich bei den Großeltern die Finger verbrennen, wenn es dort an eine heiße Glühbirne oder Halogenleuchte fasst.
Wenn es draußen kalt ist, setzen viele Menschen auf Wärmflasche oder Kirschkernkissen, damit es im Bett schön muckelig wird. „Niemals eine Wärmflasche im Babybett lassen“, warnt Michiels. „Die Flaschen sind nicht immer dicht, das heiße Wasser kann auslaufen und das Baby verbrühen.“ Kirschkernkissen sollten langsam im Backofen angewärmt und nicht schnell in der Mikrowelle erhitzt werden, „die Kerne werden dabei nicht richtig gemischt, das Kissen kann stellenweise viel zu heiß sein und sogar Feuer fangen“, sagt Michiels.