Außen hui, innen pfui: Der Problemfall Krematorium
Seit Oktober 2010 sind auf dem Hauptfriedhof aufgrund eindringenden Grundwassers keine Einäscherungen mehr möglich. Die Zukunft ist ungewiss.
Krefeld. Majestätisch strecken sich die beiden steinernen Löwen vor dem Eingang zur Trauerhalle des Krematoriums im Westen des Hauptfriedhofs. Tief im Keller des klassizistischen Gebäudes gluckert das Wasser, das pausenlos abgepumpt werden muss. Das Bauwerk des Architekten Anton Rumpen (1877-1951) dümpelt seit Jahren im Grundwasser vor sich hin. Der Denkmalausschuss hatte hier zum Lokaltermin geladen.
Im Herbst 2011, exakt 100 Jahre nach dem Beschluss des Stadtrates vom 9. November 1911 zum Bau der damals heftig umstrittenen Anlage, beschloss der Bauausschuss das Aus für die städtische Trägerschaft.
Seit Oktober 2010 sind Einäscherungen nicht mehr möglich. Friedhofs-Chefin Heike Blondin zuckt die Schultern: „Wir haben mit einer Reihe von Bestattungsunternehmen über eine Übernahme gesprochen. Aber keiner will. Die Unterhaltungskosten scheinen zu hoch zu sein beziehungsweise sind kaum zu kalkulieren.“ Dazu komme die Konkurrenz in Willich, Düsseldorf und Duisburg, deren Preise für Einäscherungen nicht zu schlagen wären. Auch ein niederländisches Bestattungsunternehmen habe sich nach anfänglichem Interesse mit Blick auf die mageren Gewinnmöglichkeiten abrupt zurückgezogen.
Gegen eine eventuelle kulturelle Nutzung der Trauerhalle haben die beiden städtischen Denkmalschützer Veit Berroth und Monika Risse-Richter keine Einwände. Aber: „Das Alte muss bei einer neuen Nutzung lesbar bleiben und sich mit dem Denkmal vertragen.“ Einschränkend merkt Heike Blondin an, dass in der Halle nach wie vor die Möglichkeit besteht, Abschiedsfeiern zu begehen.
Im ersten und zweiten Untergeschoss ist die Kremationstechnik einschließlich der Öfen für die Einäscherung untergebracht. Mit Aufzügen wurden die vor 2010 jährlich 1300 Särge aus der Trauerhalle abgesenkt und anschließend verbrannt. Erst 2010 war der Verbrennungsbereich einschließlich moderner Ablufttechnik grundsaniert worden.
„Wir möchten die Anlagen gerne im Stück verkaufen“, sagt Heike Blondin. Es gebe Gespräche, aber es sei derzeit kein konkreter Interessent zu benennen. „Es wäre jammerschade, wenn wir nur noch den Schrottpreis erzielen könnten.“ Im zweiten Untergeschoss sind noch die Spuren des Wassers an den Wänden zu sehen. Rund einen halben Meter hoch war das Grundwasser bereits eingedrungen, bevor die Pumpen installiert wurden.
Deren Kosten belaufen sich pro Jahr auf rund 35 000 Euro. Geplant ist, dieses Geschoss in nächster Zeit nach Entfernung der Technik zu verfüllen. Veit Berroth aber verweist auf die Stahlträger an der Decke. „Da ist mir unwohl. Wer weiß, wie lange die in der Feuchtigkeit halten — 20 oder 30 Jahre?“ Dann werde das gesamte Gebäude instabil.
Am Schluss des Rundgangs blieben viele Fragezeichen und etliche ratlose Gesichter bei den Besuchern.