Trockenheit belastet den Waldbestand Fast keine Fichten mehr in Krefeld – auch die Buchen leiden

Krefeld · Die Trockenheit belastet den Waldbestand. Stadtförster Jens Poschmann denkt nun über die Bäume der Zukunft nach.

Stadtförster Jens Poschmann markiert vom Borkenkäfer geschädigte Fichten. Mittlerweile sind fast alle Bäume dieser Art gefällt.

Foto: NN/Andreas Bischof

Der Schädling und sein Opfer sind im Büro von Jens Poschmann nah beieinander. Auf seiner Fensterbank hat Krefelds Stadtförster, der im Auftrag des Kommunalbetriebs die Wälder hütet, ein kleines Gläschen stehen. Darin liegen die Kadaver von winzigen, dunklen Borkenkäfern. Sie sind in diesem Fall die Schädlinge. Gleich daneben liegt die Rinde einer abgeholzten Fichte. Von Borkenkäfern wurde sie völlig zerfressen. Das, was Poschmann zeigt, steht exemplarisch für die Entwicklung in den Wäldern der Stadt: Fast alle Fichten sind in den letzten Jahren verschwunden.

Der Fichtenanteil in der Stadt Krefeld sei immer sehr gering gewesen, sagt Poschmann. Sie seien eben in höher gelegenen Gegenden wie dem Sauerland oder dem Harz zu Hause. Doch über viele Jahre gab es in Krefeld zumindest einige Exemplare der Nadelbäume. „Doch im letzten Jahr mussten die letzten, größeren Bestände abgeholzt werden“, sagt Poschmann. Die Bäume standen im Hennemondwald nahe der Niepkuhlen. Im Jahr 2018 fielen bereits die letzten Exemplare im Stadtwald.

Kaum Möglichkeiten,
den Bestand zu schützen

Hintergrund ist eine dramatische Entwicklung, die zuletzt stattfand: Mit Sturm „Friederike“ kippten im Januar 2018 viele Fichten. An den toten Bäumen konnten sich Borkenkäfer hervorragend vermehren. Die machten sich dann über den verbleibenden Fichten-Bestand her. Immer mehr Borkenkäfer bohrten sich in die Rinden der Fichten.

Um sich dagegen zu wehren, bräuchte eine Fichte unglaublich viel Wasser, sagt Poschmann. Damit setzt sich im Baum ein Prozess in Gang, an dessen Ende die Käfer „eingeharzt“ werden und sich unter der Rinde nicht weiter vermehren können. Doch die vergangenen Jahre waren trocken und heiß – den Fichten fehlte Wasser. „Wenn kein Wasser da ist, hat die Fichte keine Chance“, sagt Poschmann. Andere Möglichkeiten, die Bäume effektiv zu schützen, sind rar.

Dass Fichten wegfallen, ist laut Poschmann aber kein rein niederrheinisches Phänomen. In vielen Regionen beobachten Förster ähnliche Entwicklungen. Mit der Fichte verlieren Krefelds Waldgebiete allerdings eine Ikone. Durch die Preußen sei die Fichte eingeführt worden, sagt Poschmann. Die Industrialisierung habe die Nachfrage nach Holz gesteigert. Mit Fichten bekam man viel und gutes Material.

Auch in der Nachkriegszeit hätten die Fichten entscheidende Bedeutung gehabt, sagt Poschmann. Für Reparationsleistungen habe Deutschland Holz liefern müssen. Mit Fichten seien Flächen rasch aufgeforstet worden. In den folgenden 60 Jahren seien die Fichten gut gewachsen, sagt Poschmann. Die Bedingungen stimmten bis zur Dürre der vergangenen Jahre. 800 Liter Niederschlag bräuchten die Nadelbäume eigentlich pro Jahr. Was an Regen kam, war deutlich zu wenig.

Dass Fichten nun fehlen, ist nicht nur ob ihrer historischen Rolle bedauerlich. Sie fehlen ebenso als beständiger Sauerstoffproduzent. „Als immergrüner Baum liefern sie das ganze Jahr“, sagt Poschmann. Und optisch halten sie Wälder in der kalten Jahreszeit zumindest ein bisschen grün.

Förster setzt auf eine
Mischung der Baumarten

Die Trockenheit macht neben den Fichten auch anderen Bäumen zu schaffen. Das gilt etwa für die Buchen. Mit Blick auf die derzeitigen Temperaturen sagt Poschmann: „Ich hatte gehofft, dass die dieses Jahr nicht kommen.“ Der Wald benötige mal wieder einen kühleren Sommer.

Doch langfristig muss Poschmann angesichts des Klimawandels wohl mit veränderten Bedingungen arbeiten. Aber wie der Wald der Zukunft aussehe? Wenn er das nur wüsste, seufzt der Förster. Anders als ein Landwirt müsse er nicht von Jahr zu Jahr, sondern für die nächsten 100 Jahre planen. Doch wie sich Temperaturen und Regen am Niederrhein entwickeln, das kann Poschmann niemand garantieren.

Dennoch sieht er Krefelds Wälder gut aufgestellt für die Zukunft – dank einer Mischung von verschiedenen Baumarten. „Der Vorteil ist, dass wir hier 40 Arten haben“, sagt Poschmann. Zudem wachse auf vielen Flächen bereits die nächste Baum-Generation. So lässt es sich besser ausgleichen, wenn eine Art aufgrund veränderter Bedingungen wegfällt.

Poschmann berichtet auch von neuen Arten, die vermehrt ausprobiert werden. Dabei nennt er etwa Spitz- und Feldahorn. Auch Schwarznuss und Esskastanie würden vermehrt gepflanzt. Letztere komme aus dem mediterranen Raum. Mittlerweile wachsen Exemplare schon auf acht Hektar Land, beispielsweise am Hülser Berg und am Forstwald.

Und auch ohne Fichte gehen die Nadelbäume wohl nicht ganz. Poschmann hofft auf die Weiß-Tanne, damit es im Winter zumindest auch ein bisschen grün bleibt.