Callcenter-Prozess: Durch Geschenke zum Weiterspielen animiert
Krefeld. Die erste große Strafkammer quält sich im Callcenter-Prozess nach der Lektüre beschlagnahmter Aktenberge durch das Dickicht von Gewinnspielverträgen. Den beiden angeklagten Brüdern aus Krefeld wird vorgeworfen, sich an ihren Kunden um insgesamt 450 000 Euro bereichert zu haben.
Rund 250 Geschädigte sollen aus Angst vor Zwangsmaßnahmen gezahlt haben.
Die Abwicklung solcher Geschäfte ist undurchsichtig und kompliziert. Die DH Marketing GmbH der Angeklagten hat durch den Betrieb eines Callcenters Kunden für einen Gewinnspieleintragungsdienst akquiriert, allerdings wiederum nur im Auftrag weiterer Unternehmen wie dem Dateninhaber und einem Payment-Dienst.
Nicht leicht durchschaubar sind auch die Geschäftsbedingungen der Gesellschaft, die die Richterin vortrug. Sie müssen sich erst noch als rechtsverbindlich erweisen. Jetzt wurden weitere Zeugen vernommen.
Zumindest etwas Licht ins Dunkel brachte dabei die Aussage eines Rechtsanwalts, dessen Büro einen Inkasso-Auftrag der Brüder hatte, um Forderungen aus dem Gewinnspiel einzutreiben. Er berichtete, dass er Zugang zum Computersystem der Gesellschaft hatte, woraus die Vertragsabschlüsse anhand von Gesprächsaufzeichnungen mit den Kunden nachweisbar gewesen seien. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass bei der DH Marketing Betrügereien stattgefunden haben und keine Gegenleistung erbracht worden sein soll“, schilderte der Jurist seinen Eindruck. Er habe die Kunden bis zu dreimal gemahnt, was zur Begleichung von Forderungen in Höhe von etwa 58 000 Euro geführt habe.
Eine ehemalige Mitarbeiterin der Angeklagten berichtete über den Geschäftsablauf in der Gesellschaft. Kunden ohne Spielgewinn wurden durch Kosmetikgeschenke zum Weiterspielen animiert. Eine ehemalige Callcenter-Agentin wollte sich noch nicht einmal an die Fragen erinnern, mit denen sie den Kunden Informationen entlockt hatte.
Im September wird der Prozess fortgesetzt. wop