„CDU kann von SPD lernen“
Union bewundert rote Diskussionskultur und kritisiert eine schwache Krefelder CDU. Das soll sich ab sofort ändern.
Der Krefelder Unternehmer Gerald Wagener, Gründer des Konservativen Kreises Krefeld, und Carsten von der Venn wollen mit der WerteUnion Niederrhein dafür Sorgen, dass die CDU Krefeld sich künftig wieder zunehmend ihrer konservativen DNA bewusst wird. Dabei spart das Duo im WZ-Interview nicht mit harscher Kritik an Bundeskanzlerin Merkel sowie den Krefelder Christdemokraten und verrät, wie sie die Wahl zum Oberbürgermeister beeinflussen möchte.
Ist Merkels Zeit abgelaufen?
Gerald Wagener: Leider noch nicht. Sie versorgt zu viele selbstversorgende Ich AG´s und hält sich so an der Macht. Merkel, Altmaier und Tauber sehen wir kritisch. Angela Merkel hat Europa gespalten, sie hat Deutschland gespalten, sie hat die Union gespalten.
Die WerteUnion fordert eine rigide Obergrenze für Zuwanderung und die Aussetzung des Familiennachzugs. Das beträfe auch Jugendliche und Kinder. Worin unterscheiden Sie sich von der AfD?
Wagener: Nur wenn etwas von der AfD kommt, muss es ja nicht falsch sein. Die FDP und die CSU positionieren sich ja ähnlich.
Ist eine starke WerteUnion der Anfang von Ende der AfD?
Carsten von der Venn: Es ist ein erklärtes Ziel der WerteUnion, die AfD als politischen Gegner zu schwächen. Sie ist Fleisch von Fleische der CDU/CSU.
Wie gut ist die WerteUnion Niederrhein bundesweit vernetzt?
von der Venn: Ich bin im Landesvorstand NRW kooptiert. Die WerteUnion hat in fast jedem Bundesland Regionalorganisationen, sie wächst sehr schnell.
Sie fordern Strukturänderungen: Macht die SPD gerade vor, wie Sie sich innerhalb der CDU Basisdemokratie vorstellen?
Wagener: Ja. Ich bewundere die Diskussionskultur innerhalb der SPD sehr. Hiervon kann unsere eigene Partei lernen. In der CDU haben Parteitage und Organisationsstrukturen eher den Charakter von SED-Folklore.
Sie haben eine neue GroKo als „alternativlos “ bezeichnet. Stehen Sie dort nicht im Widerspruch zu den Forderungen der WerteUnion?
Wagener: Ich bin ein entschiedener Gegner der GroKo, lebe aber auch in Realität. Angela Merkel hat die CDU so geschwächt, dass es für Schwarz/Gelb nicht gereicht hat. Die FDP hatte das politische Rückgrat, aus den Sondierungen auszusteigen. Verbleiben eine GroKo oder Neuwahlen. Neuwahlen würden keine neuen Koalitionsoptionen ergeben und unser Land wäre weiter über Monate handlungsunfähig. Das wäre verantwortungslos. So bitter die Realität ist: Außer GroKo bleibt keine Option, und die sollte nur im Ausnahmefall scheitern. Zum Beispiel dann, wenn die SPD den Familiennachzug zum Dealbreaker macht.
Der Krefelder CDA-Vorsitzende bezeichnet CDU-Mitglieder als Stimmvieh und widersetzt sich der Parteilinie. Der richtige Weg?
von der Venn: Salih (Salih Tahusoglu, Anm. d. Red.) ist ein kluger Kopf mit sehr ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn. Die CDA ist eigenständig und handelt eigenständig.
Herr Wagener, Sie selbst haben die Krefelder CDU wiederholt als führungsschwach und profillos bezeichnet. Woran machen Sie das fest?
Wagener: Die CDU in Krefeld ist in den letzten Jahren von der SPD taktisch klug und konsequent immer weiter ins Abseits gedrängt worden und von 55 Prozent in 1999 auf 33 Prozent durchgereicht worden. Noch Fragen?
Die Kampagnen-Androhung des K3 zeigt ziemlich deutlich, was Sie von den hiesigen CDU-Abgeordneten halten.
Wagener: Ich lasse mich von unseren MdBs und MdLs gerne positiv überraschen. Herr Schittges war ja angeblich Rekordhalter in Sitzungsfehlstunden im Landtag. Ich bin hoffnungsvoll, dass Marc Blondin und Britta Oellers sich jetzt 24/7 für Krefeld reinhängen.
Was genau muss in Krefelds CDU passieren, damit sie eine Chance bei der OB-Wahl 2020 hat?
von der Venn: Wir brauchen einen charismatischen Kandidaten, vom Typ Macher á la Joachim Erwin.
Welche Rolle wird die WerteUnion Niederrhein dabei spielen?
von der Venn: Gerald Wagener trifft sich kurzfristig mit Marc Blondin. Wir hoffen, eine gemeinsame Linie mit der lokalen CDU zu finden, werden unsere Vorstellungen auch darlegen. Unsere eigenen kommunalpolitischen Ideen werden wir danach vorstellen.
Sehen Sie bereits einen geeigneten Kandidaten?
von der Venn: Wir sehen in der CDU zwei Kandidaten, die wir für die Richtigen halten, Krefeld wieder aktiv zu managen.
Herr Wagener, Sie haben Ihre Schneekoppe-Anteile an Philipp Lahm verkauft mit dem Hinweis, Sie wollten sich ab sofort auf ihre politische Karriere konzentrieren. Welches persönliche Ziel verfolgen Sie?
Wagener: Zunächst war — nach dem Schutzschirmverfahren 2015 — klar, dass ich nur so lange an Bord bleibe, bis die Schneekoppe wieder in ruhigen Gewässern segelt. Den Job habe ich erledigt. Politisch unterstütze ich die Ziele der WerteUnion, wobei mein besonderes Interesse der deutsch-russischen Wirtschaftspolitik gilt.