Das älteste Bauernhaus in Krefeld

Grabungsabend: Christoph Dautermann erzählt von seinen Forschungen zu dem heruntergekommenen Gebäude in Hüls.

Linn/Gellep-Stratum/Orbroich. Da passte kaum mehr eine Maus beim diesjährigen Grabungsabend in die Linner Museumsscheune hinein, der traditionell die Vortragsreihe des Museums Burg Linn einleitet. Dabei gab es auch spannende Ausflüge über die Grenzen des Museumssitzes hinaus, zu den Ausgrabungen nach Gellep und nach Hüls — nach Vorderorbroich um genau zu sein.

So stellte der stellvertretende Museumsleiter Christoph Dautermann seine Forschungen im ältesten noch existierenden Bauernhaus Krefelds vor: Es steht in Vorderorbroich und besitzt die Hausnummern 45/47. Zur Zeit seiner Entstehung war das Gebäude jedoch noch ein einzelnes, erst im 19. Jahrhundert wurde unter den First eine Mauer gezogen und aus dem Hallenhaus zwei abgetrennte „Doppelhaushälften“, wie Dautermann berichtet. Dendrochronologische Untersuchungen (der Abgleich der Jahresringe in den verwendeten wichtigsten Hölzern mit bekannten Jahresring-Reihen in der Region) ergaben für das Hallenhaus einen Baubeginn anno 1560.

Foto: Andreas Bischof

Aufgrund eines Abbruchantrags hat sich die Untere Denkmalbehörde das Gebäude angeschaut und Dautermann hinzugezogen. Er entdeckte, dass es sich um das älteste bisher bekannte Bauernhaus in Krefeld handelt.

Nicht nur durch die Zweiteilung im 19. Jahrhundert, sondern auch vorher schon erlebte das heute ziemlich heruntergekommene bis ruinöse Hauptgebäude eines Bauernhofs viele Veränderungen, die sich am Baubestand und einzelnen Details rekonstruieren lassen: Eine besondere Herausforderung für die Bauforschung ist die merkwürdige Konstruktion der Dachbalken, bei denen die Enden frei zu schweben scheinen. Sie deuten darauf hin, dass der Dachraum nach seiner ursprünglichen Form einmal sehr vergrößert wurde, erklärt Dautermann.

Noch unverkennbar ist die zentrale Heizung in dem historischen Bauernhaus: Sie beschränkt sich auf eine einzige Feuerstelle in der großen Halle — einen offenen Kamin — samt Rauchfang, der durch das Dachgeschoss ging. In einem solchen Rauchfang wurden die Würste und der Schinken aus der Eigenproduktion des Hofes geräuchert.

Das Bauernhaus war auch Thema im Kulturausschuss am Dienstagabend. Da das Gebäude von Privatleuten gekauft wurde, die es abreißen wollten, ist unklar, was nun damit passiert. Das es erhaltenswert ist, war unter den Politikern unstrittig. Ein Käufer, der die Bausubstanz erhält oder das Haus einem Freilichtmuseum anzubieten, waren Lösungsideen. Ein Gutachten des Landesverbandes Rheinland hat laut der Stadt bereits bescheinigt, dass es sich bei dem Gebäude um ein Denkmal handelt.

Mit ihrem Jahresrückblick 2017 konnte Jennifer Morscheiser, Leiterin des Museums Burg Linn, über eine Reihe von Aktivitäten berichten, die in ihr erstes komplettes Dienstjahr in Linn fielen. „Wir haben viel Grabung im Angebot und so ein bisschen Museum drum herum“, leitete sie ihre erste Jahresbilanz ein.

Im Februar begann die Umgestaltung der Schiffshalle im Museum. Bald darauf wurde Otto von Linn aus seiner Ruhe geholt, und das Skelett zog um in einen historisch korrekten Raum, nämlich in die Burgkapelle. Bei dieser Gelegenheit wurden im unteren Rittersaal, zu dem sich die kleine gotische Kapelle öffnet, erste Informationstafeln mit Hintergrundwissen angebracht, weitere sollen folgen. Mittelalter praktisch, aber bitte nur zum Anschauen, gibt es seit vergangenem Jahr in der Abortnische des Bergfrieds. Ein Brett mit entsprechendem Loch macht jetzt bei Führungen sehr anschaulich, wie die Rittersleut’ sich in diesem letzten Rückzugsort bei einem feindlichen Angriff erleichtern konnten.

„Rot ist das neue Grau“, so lautet die Devise im Archäologischen Museum, wo aus dem dezenten und wenig inspirierenden Grau nun Farbakzente heraus leuchten, die die Blicke und demzufolge das Interesse der Besucher auf sich ziehen sollen. Im vergangenen Jahr wurden dank der Initiative der neuen Museumsleiterin auch einige Strategien entwickelt, neue Zielgruppen ins Museum zu locken. Man hat den Schritt in die digitale Gegenwart gewagt, der ein wesentlicher ist, gerade jüngere und wenig museumsaffine Leute ins historische Gemäuer zu locken. Dazu wird auch eine App „Sex and crime“ gehören, in der es „menscheln“ und auch Einblicke in Alltagsgeschichte vergangener Zeiten geben wird. Bei den Schulklassen-Führungen sieht die Bilanz schon sehr positiv aus, 360 wurden gebucht. Neu und gut angenommen sind die Kinder-Führungen.

Zu den besonderen Ereignissen 2017 zählt das erste Castellfest auf dem Grabungsgelände, das etwa 3 800 Besucher nach Gellep lockte. Über die Funde und Befunde der Ausgrabung im ehemals römischen Garnisonsort Gelduba berichteten Stadtarchäologe Hans Peter Schletter und Archäologin Susanne Drobny. Ein Mammutprogramm unter Zeitdruck war zu bewältigen; da musste bei jeder Wetterlage auf den 31 126 Quadratmetern Grabungsfläche gearbeitet werden. Bis heute wurden 3 171 Befunde dokumentiert und untersucht. Mit traditionellen Methoden, unter anderem in Handarbeit mit Schaufeln, war das nicht zu bewältigen, und so gab es Unterstützung durch moderne Technik wie Bagger und vor allem digitaler Technik bei der Dokumentation der Befunde.

Eisenzeitliche Grabhügel, römische Straßen- und Befestigungsgräben und 20 Pferdegräber wurden ans Tageslicht geholt. Eric Sponville berichtete über zwei erhaltene Töpferofen aus dem Boden des Nord-Vicus, die in das Ende des ersten Anfang des zweiten Jahrhunderts datiert werden können. Stephanie Krauss gab in ihrem Vortrag „Geritzt und entziffert — Graffito auf Terra Sigillata im Vicus Gelduba“ einen Einblick in eine „Legionärs-WG“. Um ihr Eigentum zu sichern, ritzten die Besitzer ihre Namen und Dienstbezeichnungen in ihre Essschale.