IHK Mittlerer Niederrhein Christian Lindners Wahlwerbung vor dem IHK-Publikum

Krefeld · Die IHK Mittlerer Niederrhein präsentiert ihren Mitgliedern den FDP-Partei- und Fraktionschef. Der gab mit digital zugeschalteten Mitgliedern aus dem Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin gleich mal eine leidlich verpackte Wahlempfehlung.

 IHK-Präsident Elmar te Neues (l.) und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz (r.) nutzen ihren Berlin-Aufenthalt für einen Austausch mit FDP-Fraktionschef Christian Lindner.

IHK-Präsident Elmar te Neues (l.) und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz (r.) nutzen ihren Berlin-Aufenthalt für einen Austausch mit FDP-Fraktionschef Christian Lindner.

Foto: IHK Mittlerer Niederrhein/Jens Schicke

Es ist nicht lange her, da präsentierte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff im Digitalformat „IHK trifft...“ in Krefeld. Gestern reisten IHK-Präsident Elmar te Neues und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz nach Berlin, um ähnlich FDP-Chef Christian Lindner zu präsentieren. Der 42-Jährige gab in der 90-minütigen Veranstaltung mit digital zugeschalteten Mitgliedern aus dem Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin gleich mal eine leidlich verpackte Wahlempfehlung. „Wenn ich Sie wäre“, sagte Lindner den Zuhörern, „würde ich bei der Bundestagswahl Schwarz-Grün nicht alleine regieren lassen.“

Bei den Unternehmern hatte Lindner für derlei Ratschläge das richtige Publikum. „Sie sprechen mir aus der Seele“, sagte te Neues, der aus „Klimapolitik keine Deindustrialisierungspolitik“ gemacht wissen wollte, nach einem kurzen Impulsvortrag des FDP-Schwergewichts. Lindner kleidete den liberalen Geist von weniger Staat und mehr Wirtschaft in Punkte, die den Unterschied zur amtierenden Regierung markierten. „Es ist doch schön, dass Sie bald eine klare Richtungsentscheidung vor sich haben“, sagte Lindner grinsend. Die Zeiten waren schon schlechter für die FDP.

So warb der Parteichef für liberale Grundsätze, die sich auch darin markierten, so Lindner, dass man in NRW mit FDP-Regierungsverantwortung dem Parlament seine Rechte wiedergegeben habe, in Berlin aber in der Pandemie weiter auf Sonderrechte beharre. Lindner zeichnete das Bild einer festgefahrenen Republik, die sich durch Unternehmensgewinne zu sehr auf Umverteilung des Vorhandenen konzentriert habe, dabei seien die ob des künstlich niedrigen Zins’ und des starken Euros trügerisch. „Wir sind nicht unverwundbar. Die Bedingungen für Wohlstand wurden nicht gepflegt“, sagte Lindner und meinte die Wirtschaft, die Unternehmen, ohne deren Erfolg „wir die hohen sozialen und ökologischen Ansprüche nicht erfüllen können“.

Die eine Seite wolle Wirtschaft so organisieren, wie sie den Berliner Flughafen gebaut habe, die andere setze auf die „Quelle unseres Wohlstandes“: Ideenreichtum, Offenheit für Forschergeist. „Das Prinzip Biontech“, sagte Lindner. „Das sind wir.“ Er kritisierte das neue Lieferkettengesetz, bürokratische Monster wie die Bonpflicht, die Aufhebungspflicht, das Arbeitszeitgesetz oder die Bauordnung. Er versprach ein „Digitalministerium“ für die nächste Regierung – wenn die FDP dabei sei. Und es werde auch keine Steuererhöhungen geben. „Wir sind bereits ein Höchststeuerland“, sagte Lindner, sprach auf Nachfrage von „großem Gestaltungswillen seiner Partei“, machte aber auch klar: Sollten mögliche Regierungspartner Steuererhöhungen durchsetzen wollen, wäre die FDP wieder nicht dabei. Auch eine Reichensteuer lehnte er ab: Bei den Grünen würden schon tariflich Beschäftigte zu Reichen ernannt. Die FDP wolle sich „Entlastung erarbeiten“, die Spielräume im Haushalt seien aber „außerordentlich eng“, sagte Lindner in digitaler Gegenwart seines FDP-Haushaltsexperten Otto Fricke.

„Planwirtschaftlich verkantet und technologisch festgefahren“

Auch über die „Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft“ und die Strukturreform im Rheinischen Revier sprach Lindner: man sei „planwirtschaftlich verkantet und technologisch festgefahren“. Er machte sich lustig darüber, dass die Grünen-Chefin Annalena Baerbock jetzt auch über den „Ausstieg aus Erdgas“ rede. Lindner will einen „CO2-Erlaubnisschein-Handel“. Wer emittiere, möge dafür zahlen. „Das Geld nimmt der Staat ein und gibt es dem Bürger zurück. Und wer CO2 speichert, wie das auch im Rheinischen Revier passiert, bekommt eine Auszahlung.“ Das garantiere Einsparziele und stelle Effizienz sicher. „Bis 2030 reden wir da über Billionen-Summen, etwa 2,5 bis 3 Billionen Euro“, sagte Lindner, der danach noch Fragen beantwortete: nach digitalem und lebenslangem Lernen, nach „qualifizierter Einwanderung“ und auch jene nach kürzeren Genehmigungsverfahren, die IHK-Vorstandsmitglied Claus Schwenzer für nötig erachtet.

Es sei eine Frage von „Spirit“, sagte Lindner, und schlug „Planfeststellung per Gesetz“ vor. Und: Wie im Rheinischen Revier müsse es künftig vermehrt zu entfesselten Experimentierfeldern kommen. „In unserem Wahlprogramm heißt das Freiheitszone“, sagte Lindner und spannte den Bogen: „Stellen sie sich vor, man könnte sagen: Wenn du erfolgreich sein willst, musst du an den Niederrhein. Das wäre doch eine Botschaft!“ Virtueller Beifall. Lindner hatte, so viel ist sicher, mit nichts anderem gerechnet.