Colonia Dignidad: Wohnstätte kündigt H. - BKA fragt in Chile an
Krefeld. H., von Chile international gesuchter ehemaliger Arzt und zweiter Mann der berüchtigten Sektensiedlung Colonia Dignidad in dem südamerikanischen Land, wird wohl doch nicht in Krefeld-Linn einziehen können.
Die Wohnstätte, Vermieter der Wohnung im Stadtteil Linn, will H. am Donnerstag die Kündigung für den Mietvertrag der Wohnung am Weidenbruchweg (gültig ab 1. September) aussprechen.
Das erklärte die Wohnstätte gegenüber wz-newsline sowie mit einer Pressemitteilung. Man wisse allerdings, dass „eine Kündigung rechtlich nur schwer durchsetzbar sein wird.“ Die Eheleute H. erklärten, dass ein Rücktritt vom Mietvertrag wegen fehlender Alternativen nicht in Frage komme.
Die Begründung der Kündigung könnte für die Wohnstätte juristisch schwierig werden, da H., der in Chile wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch Minderjähriger zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde, nicht als Krimineller gilt.
Die Wohnstätte will nach eigenen Angaben H. vorsorglich kündigen, weil sich andere Mieter verunsichert fühlten. "Nach Gesprächen mit den künftigen Nachbarn der Eheleute H. konnte die Wohnstätte Krefeld AG klar erkennen, dass die momentane Stimmungslage von großer Verunsicherung und Angst geprägt ist", so die Mitteilung.
Es seien bereits Unterschriften- und Protestaktionen angekündigt worden. Die sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen könne und wolle die Wohnstätte ihren Kunden nicht zumuten.
Die Wohnstätte Krefeld will eine fristlose sowie eine reguläre Kündigung aussprechen. Das Ehepaar hat zum 1. September eine Drei-Zimmer-Wohnung gemietet. Die Schlüssel erhielt der 67 Jahre alte H. bereits 14 Tage im Voraus, um vor dem Einzug zu renovieren.
Dass der Arzt zu der brutalen Führung der Colonia Dignidad gehörte, erfuhr die zuständige Mitarbeiterin erst im Nachhinein aus den Medien. Die Wohnstätte Krefeld verfügt über 9300 Wohnungen.
Die Staatsanwaltschaft Krefeld erklärte unterdessen, man habe H.s Aufenthaltsort den chilenischen Behörden mitgeteilt. Zurzeit könne aber nicht entschieden werden, ob gegen ihn ein Verfahren in Deutschland eingeleitet würde. "Die notwendigen Erkenntnisse zu konkreten Tatvorwürfen ligen der Staatsanwaltschaft Krefeld bislang nicht vor", erklärte Klaus Schreiber, Pressedezernent der Staatsanwaltschaft.
Das Bundeskriminalamat habe sich über Interpol an die chilenischen Behörden gewandt und um mehr Informationen gebeten.
"Eine Auslieferung deutscher Staatsangehöriger zur Vollstreckung von im Ausland verhängten Freiheitsstrafen ist ohne deren Zustimmung nicht zulässig. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass der ausländische Staat die Bundesrepublik Deutschland um Übernahme der Strafvollstreckung ersucht", erklärte Schreiber weiter.
Ermittler zeigen sich unterdessen überrascht, wie selbstsicher der in Chile verurteilte H. in Deutschland auftritt. Ein Sprecher der Ärztekammer Nordrhein bestätigte auf Anfrage, dass sich H. als approbierter Mediziner bei der Kammer angemeldet habe. vobu/al/dpa