Krefeld Das Duell am Elfrather See

Auf dem Revier gehen Ruderer und Segler ihrem Sport nach — jetzt streiten sie. Das ist gar nicht so unüblich an Gewässern.

Foto: Jürgen Brefort

Krefeld. Der Mensch und die Natur — es ist mitunter eine problematische Beziehung. Vor allem dann, wenn die Menschen sich dabei auch noch in die Quere kommen. Wenn sie um Raum, Revier und Respekt bei unterschiedlichen Interessen streiten — wie aktuell am Elfrather See. Dabei ist Wassersport ein wichtiger Standort-Vorteil für eine Stadt, aber er birgt auch Nutzungskonflikte.

Die deutsche Meisterschaft der Kleinboote der Ruderer hat die über Jahre eingeübte Verbindung von Ruderern und Seglern auf dem Revier auf die Probe gestellt und aus dem Lot gebracht. Anlass ist die für die Meisterschaft notwendige Installation der Wettkampfbahnen mit Bojen. Dabei liegt ein Stahlseil im Wasser, an dem die Bojen quasi im Wasser schweben — das Albano-System.

Fakt ist auch, dass der Crefelder Ruderclub zwei Wochen vor dem mit allen Anliegern des Sees, vor allem den Seglern, vereinbarten Termin die Bojen und das Seil für die Meisterschaften ausgelegt hatte. Das erzürnte die Segler, zwei Regatten mussten abgesagt werden.

Aber können tatsächlich Segler und Ruderer ein verträgliches Auskommen an einem Gewässer wie dem Elfrather See haben? Jahrzehnte ist das gut gegangen, mal mit ein bisschen mehr, mal mit ein bisschen weniger Wellengang. Aber es ging. Trotz gänzlich unterschiedlicher Rahmenbedingungen. Die Segler benötigen Wind und eine breit angelegte Wasserfläche, die Ruderer bevorzugen Windstille und eine lange Strecke, 2000 Meter, für Meisterschaften.

Beim Blick auf Geschichte und Topographie des Sees erklärt sich das Gerangel der beiden Sportarten miteinander.

Als der Elfrather See vor rund vier Jahrzehnten im Zuge des Ausbaus der A 57 als Baggersee entstand, lautete der Arbeitstitel: „Regattabahn unten im Bruch“. Die Konzeption sah eine Ruderstrecke, keinen Segelsee vor. Gut zwei Jahrzehnte später wurde der See verlängert, um die für Ruder-Meisterschaften notwendige Wettkampflänge von 2000 Metern zu haben. Dafür kaufte die Stadt Krefeld sogar bei der Stadt Moers Gebiet hinzu. Für die Verlängerung des Sees war das notwendig.

Obwohl als Ruderstrecke konzipiert, siedelten die Segler am Ufer des Sees als erste an, bauten Clubhäuser, legten Stege an. Darin begründet sich auch ein wenig ihr Selbstverständnis: „Wir waren die Ersten hier.“ Ruderer und Kanuten kamen später.

Gedacht war er für alle. Darin liegt auch die Brisanz. Zwei Jahrzehnte ging das gut, weil er als Gewinn von und für alle gesehen wurde — für Ruderer, Segler, Surfer und Kanuten. Im Sommer tummelten sich sogar mehrere Tausend Badegäste am Wochenende am Badesee — bis die Gänse dort die Regie übernahmen.

Der See hat an der West- und Ostseite jeweils Ausbuchtungen. An der Westseite, dem Segelsee, siedelten die Windfreunde. Beheimatet sind dort der Krefelder Segelklub als ältester Verein, der Segel Club Crefeld und der Windglider Club Krefeld — alle liegen direkt nebeneinander am Bruchweg. Der Segelklub Bayer Uerdingen hat seine Heimstatt an der Nordspitze des Sees.

Die Freiheit des Wassers hört da auf, wo einem jemand in die Quere kommt. Der Wind bestimmt die Richtung des Segelns, und so queren die Boote aus der Bucht kommend die Regattastrecke. Das geht nicht immer gut. Unfälle passierten, wurden aber nie hoch gehängt. Was die Ruderer sonst an vermeintlicher Rücksichtslosigkeit der Segler erkennen, haben die jetzt mit der vorzeitigen Betonung der Regattastrecke ausgemacht.

Den Anspruch der Ruderer, als anerkannter Bundesleistungsstützpunkt Meisterschaften auszurichten, unterstützt die Stadt. Die für solche Titelkämpfe notwendige Startanlage, die der Crefelder Ruder Club anschaffte, bezuschusste sie mit einem hohen fünfstelligen Betrag der Sportpauschale.

Im Interessenskonflikt der Nutzer haben vielfach die Ruderer um Bootslänge die Segler geschlagen. Immer da, wo die Topographie des Sees dies nahelegte. In Duisburg-Wedau etwa. Dort fiel bereits in den 70er Jahren die Entscheidung pro Ruderer. Heute sind die angrenzenden Seglerbuchten, der Berta- oder Barbarasee, zugemacht worden. In Köln war es nicht anders. Am Fühlinger See fiel die Entscheidung zugunsten der Ruderer in den 80er Jahren. Auch dort sind die Buchten quasi abgetrennt. Der Baldeneysee in Essen fällt aus der Reihe, weil er deutlich größer ist und breiter in der Ausdehnung. Da kommen sich Ruderer und Segler weniger in die Quere — werden aber auch schon mal vergessen. Als vor Jahren ein neues Nutzungskonzept für den Baldeneysee debattiert wurde, hatte man erst einmal die Sportler komplett vergessen. Immerhin rund 2000 Segler, 2000 Ruderer und 2000 Kanuten, organisiert in mehr als 60 Vereinen.

Was einst als Vorlage galt, ließe sich womöglich mit dem nahenden Ausbau der A 57 auf sechs Spuren noch einmal beleben. Weil dazu wieder erhebliche Mengen Kies benötigt werden, ließe sich so womöglich der Segelsee um eine bedeutende Fläche erweitern. Zum beiderseitigem Wohle — derer mit den Riemen und derer mit den Segeln. Damit sie nicht weiter streiten und in Frieden ihrem Sport nachgehen können.

Walter Jansen, Ehrenvorsitzender des Crefelder Ruder Club, sagte am Sonntag bei der Regatta zum Zwist: „Wir müssen uns mit allen Beteiligten, auch mit der Stadtverwaltung, an einen Tisch setzen und reden.“