Distel: Die Kanzlerin regiert jetzt mit zwei Krücken

Das Ensemble der Distel begeistert die Zuschauer mit herzerfrischendem Kabarett.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Die Distel, größtes Ensemble-Kabarett Deutschlands aus Berlin, hat am Sonntagabend erstmals in Krefeld die Stacheln aufgestellt. Senior Edgar Harter als Chefberater im Kanzleramt und seine jungen Assistenten Caroline Lux und Timo Doley sprühten förmlich vor Spielfreude. Zwischen frech, witzig und bissig boten sie in wechselnden Rollen erstklassiges Kabarett in Form von teils bitterböser Realsatire.

Ihre Chefin, die Kanzlerin, müsse jetzt mit zwei Krücken regieren, stellen sie hintersinnig fest, wobei nicht die derzeitigen Gehhilfen, sondern die Koalitionspartner Gabriel und Seehofer gemeint sind. Die „GroKo“ definieren sie kurzerhand als „Große Kollision“ mit provinziellem Charakter, in der der CSU-Chef als koreanischer Despot Kim Jong-un die Richtung vorgibt. Das Ziel seien nur noch drei Bundesländer: Aldi-Nord, Aldi-Süd und Bayern.

Derweil begibt sich Kanzlerinnen-Flüsterer Dr. Dosbach aus dem Elfenbeinturm Kanzleramt in die Niederungen des realen Berlins, um herauszufinden, was das Wahlvolk denkt. Die raue Wirklichkeit lässt ihn schaudern. Für ihn steht ohnehin fest: „Egal was du gewählt hast, am Ende bildet Angela Merkel die Regierung.“ Mit Schweigen, Abwarten und Weglächeln als Hoher Schule der Regierungskunst.

Die Sketche und Soloauftritte des Ensembles sind gewürzt mit sarkastischen Songs, musikalisch hervorragend unterstützt von der ins Programm integrierten Zwei-Mann-Band. Beispiel: „Horch, horch, Angie, auch du wirst abgehört.“ Auf wunderbar leichte und anschauliche Weise werden politische und gesellschaftliche Zusammenhänge erklärt, unter anderem anhand von Zahlen in Form von Slapstick-Szenen.

Dabei wird auch das Publikum eingebunden. Drei Besucher stehen für die drei Prozent der Bevölkerung, die in Parteien organisiert sind (1,5 Millionen). Aber: Sechs Millionen schauen Dschungelcamp. Nur 20 Prozent haben Merkel gewählt — vergleichbar den ersten vier Stuhlreihen. Und 17 Millionen sind Nichtwähler — die letzten fünf Reihen, die zur Strafe in der Pause sitzen bleiben müssen.

Ein Höhepunkt ist die Einlage des Duos Harter/ Doleys als Ehemann Sauer und Gattin Merkel in dem berühmten Badewannen-Sketch von Loriot mit den Kunstfiguren Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner. Das Geschehen rankt sich um die Frage, warum Sauer immer auf dem Stöpsel sitzen muss. Einfach köstlich.