Ein amerikanischer Traum

Senioren-WM Zwei Marathon-Sportlerinnen, 77 und 73 Jahre alt, holten im kalifornischen Sacramento vier Weltmeisterschaftstitel.

Krefeld. Von den Strapazen der langen Reise ist Christa Winkelmann und Brita Kiesheyer nichts anzusehen. Die beiden 77- und 73-Jährigen sind Mitte der Woche aus Kalifornien zurück gekommen. Wer glaubt, die beiden hätten dort einen entspannten Urlaub verbracht, täuscht sich gewaltig. Die Seniorinnen haben vor Ort an der Leichtathletik-Weltmeisterschaft für Senioren in Sacramento teilgenommen und sind Doppelweltmeisterinnen geworden.

Winkelmann sammelte in der Klasse der 75-Jährigen zweimal Gold, einmal Silber und einmal Bronze. Für die 73-Jährige Kiesheyer gab es in den Einzelwettbewerben keine Medaille, dafür aber zweimal Gold mit den deutschen Staffeln über 4x 100 m und 4x 400 m. Im Siebenkampf wurde sie Siebte.

Die beiden Frauen sind seit ihrer Kindheit begeisterte Sportlerinnen und Mitglieder im CSV Marathon Krefeld. Bis zu fünf Tage in der Woche treiben die Frauen Sport, meistens in der Gruppe. „Wenn ich keine Trainingsgruppe hätte, müsste ich immer meinen inneren Schweinehund überwinden“, sagt Winkelmann. Während die Kinder der beiden Seniorinnen sportlich weniger aktiv sind, können Winkelmann und Kiesheyer nicht mehr ohne Sport. „Wenn ich nicht trainiere, vermisse ich etwas“, sagt Kiesheyer.

Drei Wochen haben die beiden im Rahmen der Leichtathletik-WM in den USA verbracht und in einem Haus eines Bekannten in San Francisco gewohnt. „Das war der Wahnsinn“, erinnert sich Kiesheyer. Beeindruckt waren die beiden Seniorinnen von einem Restaurant namens „Eddie Rickenbacker’s“, in dem 40 Motorräder an den Wänden hingen. Auch einen Besuch des berühmt berüchtigten Gefängnisses Alcatraz ließen sich die beiden Freundinnen nicht entgehen.Vermisst haben die beiden Frauen vor Ort allerdings den deutschen Standard. „Am Stadion gab es keine Umkleidekabinen oder Duschen“, erzählt Brita Kiesheyer. „Wir sind stinkig wieder in den Bus gestiegen“, im wahrsten Sinne des Wortes. Hinzu kommt noch, dass die 73-Jährige nach der Weltmeisterschaft keine Medaillen erhalten hat. „Die sind den Organisatoren ausgegangen“, sagt Kiesheyer. „Ich bekomme sie hoffentlich nachgeschickt.“

Rund 4000 Senioren haben an der Leichtathletik-WM teilgenommen, eine beachtliche Zahl, findet Winkelmann. „Man denkt immer, bei Senioren können das ja nicht viele sein.“

Empfangen wurden die beiden Damen nach ihrer Rückkehr am Flughafen nicht nur von ihren Familien, sondern auch von ihrem Trainer Rudolf Weißert. „Ich habe jeden Wettkampf der beiden im Internet verfolgt.“

Zurück in Deutschland gab es für die beiden erfolgreichen Sportlerinnen erst einmal eine leckere Stulle von Trainer und Bäckermeister Rudolf Weißert. In den USA haben sich die Beiden hauptsächlich von mexikanischem Essen ernährt. „Ich kann die Tacos nicht mehr sehen“, sagt Kiesheyer lachend. Auch wenn die Erfolge der Zwei nicht mehr zu toppen sind, sportlich aktiv werden sie auch weiterhin sein. „Bis wir nicht mehr können.“