Ein Jahr und zehn Monate Haft wegen gefälschter Rezepte

Mindestens 64-mal hat ein Krefelder Schmerzmittel mit dilettantisch ausgefüllten Verordnungen erhalten. Er behandelte sich so selbst.

Foto: Uwe Schinkel

Krefeld. Die Schmerzen wurden immer schlimmer, doch sein Arzt wollte ihm keine höhere Medikamenten-Dosierung verschreiben: Das trieb einen Krefelder dazu, Arzneimittel-Rezepte zu fälschen und sich so jahrelang mit großen Mengen an schmerzlindernden Tabletten zu versorgen. Die Selbstbehandlung blieb nicht ohne Folgen: Mit einem Magendurchbruch musste der 48-Jährige ins Krankenhaus gebracht worden. Außerdem fand er sich am Montag auf der Anklagebank des Schöffengerichts wieder.

Der verhängnisvolle Hintergrund des seinerzeit schwer übergewichtigen und unter erheblichen Gelenkschmerzen leidenden Mannes konnte aber nicht die kriminelle Energie überdecken, die der Staatsanwalt im Handeln des Mannes sah. Immerhin ging es hier um Urkundenfälschung und Betrug in 92 Fällen, die die Ankläger sogar als gewerbsmäßig einstufte. Und das auch nicht zum ersten Mal: Als der vierfache Vater 2009 damit begann, Verordnungen im Wert zwischen 13 und 370 Euro einzureichen, stand er noch unter Bewährung einer Verurteilung — ebenfalls wegen Urkundenfälschung und Betrugs. „Das wiegt schwer“, sagte der Staatsanwalt.

Unklar blieb auch, woher der gelernte Kunststoff-Verfahrenstechniker die einst mitsamt Stempel in einer Praxis gestohlenen Rezeptblöcke hatte. „Daran kann ich mich nicht erinnern“, sagte er. Jedenfalls füllte er sie handschriftlich doch sehr dilettantisch aus, stets mit Namen und Versicherungsnummer eines Bekannten, und erhielt zwischen Oktober 2009 und März 2013 die Arzneien. Eine Mitarbeiterin der geschädigten Krankenkasse summierte 97 Fälle mit einem Gesamtschaden von 18 944,45 Euro. Letztlich ins Gewicht fielen fürs Urteil 64 Fälle mit einem Schaden von rund 14 000 Euro.

Ein Sachverständiger erklärte, die eingenommenen Medikamente führten nicht zu einer Abhängigkeit. Er hielt den Angeklagten nicht für verminderte schuldfähig. Er sei zudem einsichts- und steuerungsfähig gewesen. Zwar habe der 48-Jährige bei der Untersuchung davon gesprochen, er höre regelmäßig Stimmen. Doch ob er wie selbst angegeben paranoid und schizophren sei, könne er nicht beurteilen, da ihn der Mann nicht von der Schweigepflicht zu Krankenhausunterlagen befreit habe.

Das Gericht verurteilte den 48-Jährigen — wie vom Staatsanwalt beantragt — zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung. Man sei sicher, dass er derartige Taten nicht mehr begehe. Zu Gute wurde ihm gehalten, dass der Hartz-IV-Empfänger die Medikamente nicht aus Gewinnstreben verkaufen wollte. Ihm wird drei Jahre lang ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt. „Wenn sie erneut in eine medikamentengeschwängerte Halbwelt abgleiten sollten, dann wird er das mitkriegen“, so der Vorsitzende Richter.