Ein Zuhause auf Zeit
16 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge leben derzeit im „Tandem“ .
Es gibt unbegleitete Flüchtlingsjungen, die am liebsten sofort die Schule besuchen, studieren und Arzt werden wollen. Es gibt aber auch diejenigen, die ein Trauma bekommen, wenn sie sich endlich an einem Ort sicher fühlen. Tanja Hiemer vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und Annette Wiedeking, Kolpinghaus, deren Verein — beziehungsweise Gesellschaft — das Wohnheim „Tandem“ in Uerdingen leiten, gaben im Jugendhilfeausschuss einen Einblick in ihre Arbeit.
Die Verantwortlichen von SkF und Kolpinghaus haben einen Ort geschaffen, wo ausländische Jugendliche einen Platz fürs „erste Ankommen“ erhalten, sozusagen ein „Zuhause auf Zeit“. Die unbegleiteten minderjährigen Jungen, die kommen — ganz selten sind es Mädchen —, brauchen Fürsorge und Betreuung. Zurzeit leben im „Tandem“ 16 Jugendliche in zwei Wohngruppen.
Die Vorstellungen der Jungen, die kommen, sind meist wenig realistisch. „Sie glauben, sie können sofort Karriere machen, haben in ihren Heimatländern aber nicht so gelernt wie die deutschen Kinder. Hausaufgaben und Dinge selbst erarbeiten sind ihnen fremd. Wer zu Hause an einem Wagen geschraubt hat, ist noch längst kein Kfz-Mechaniker. Da müssen wir vermitteln, dass es so nicht geht“, sagt Annette Wiedeking.
Annette Wiedeking, Kolpinghaus
Es gibt noch andere Hindernisse. Unterschiedlich lange Wartezeiten für Interviews bei der Ausländerbehörde, was Familienzusammenführung oder Aufenthaltsgenehmigung — oder Abschiebung betreffen, kämen erschwerend hinzu. Wiedeking: „Die jungen Leute leiden deshalb oft unter Angststörungen und Albträumen.“ Hiemer: „Sie bleiben auf jeden Fall hier, bis sie 18 Jahre alt sind.“ Außerdem: Es kann eine Aufenthaltserlaubnis wegen gelungener Integration erteilt werden, die bei vielen Jugendlichen gegeben sei. „Manche haben ihr Praktikum erfolgreich beendet und würden vom Firmenchef übernommen werden. Hiemer: „Die Ausländerbehörde verweigert jedoch in einigen Fällen die Arbeitserlaubnis.“
Hierzu hat Jugendamtsleiter Markus Schön für gestern den Termin für ein Gespräch mit den Vertretern der Behörde angesetzt, damit es zu einer „Verfahrensverbesserung“ kommt. Er nannte auch die aktuellen Zahlen: Zurzeit leben 168 unbegleitete Jugendliche in Krefeld. Die Zahl stagniert. Sechs befinden sich Inobhutnahme, dem ersten Aufenthalt. 13 wohnen in stationären Einrichtungen, 84 besuchen Anschlussmaßnahmen zur Integration, und 63 sind volljährig.
Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses waren sich einig, dass die beteiligten Einrichtungen bei der Flüchtlingswelle ins kalte Wasser geworfen wurden, aber durch einen enormen Kraftakt gemeinsam wertvolle Hilfe geleistet haben. „Wir haben gut zusammengearbeitet“, sagt Thomas Siegert vom Kinderschutzbund.