Sankt Martin Enttäuschung über abgesagten Martinszug

Auf der WZ-Facebookseite überwiegt der Ärger über die Entscheidung der Bürgergesellschaft.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Wenn am Samstag bei Einbruch der Dunkelheit Sankt Martin auf seinem Pferd von der Elisabeth Kirche bis zum Sprödentalplatz durch Cracau reitet, rechnet Manfred Grünwald, Vorsitzender des Bürgervereins Krefeld-Ost, mit bis zu 1000 Kindern und Erwachsenen, die sich dem Zug mit ihren leuchtenden Laternen anschließen. Vielleicht werden ja auch Familien aus der Innenstadt dabei sein, wo es diesmal — erstmals seit 24 Jahren — keinen Martinszug gibt. Mit schrumpfenden Teilnehmerzahlen erklärt die Bürgergesellschaft Stadtmitte als Organisator diese Entscheidung.

Eine Entscheidung, die auch auf Unverständnis stößt. Auf der Facebookseite der WZ Krefeld machen viele Nutzer ihrem Ärger über den ausfallenden Innenstadt-Zug Luft: „Wirklich traurig, wenn diese Tradition immer weniger gepflegt wird und statt dessen das reine Kommerzfest Halloween immer aufwändiger zelebriert wird“, schreibt Tanja Bernhard, und Anke Friedeheim kommentiert: „Ich finde es sehr schade, dass nichts dafür gemacht wird, damit die Begeisterung der Jugend bleibt. Meine Tochter und ich erinnern uns gerne an die Martinszüge zurück, jedoch — man sieht es bald wieder an den Festtagen: Der bunte Schmuck an den Fenstern stirbt auch langsam aus.“

Manfred Grünwalds größte Sorge ist es derweil, dass das Wetter am Freitagabend nicht mitspielen könnte — und der Laternenzug durch Cracau buchstäblich ins Wasser fällt. Aber wegen Regen nicht zum Martinszug gehen? Für die meisten Nutzer der WZ-Facebookseite kommt das offenbar nicht in Frage. Marcel Schmitz erinnert sich: „Ich weiß noch genau, wie ich als kleiner Junge immer mitgezogen bin, man hat sich richtig darauf gefreut. Auch bei Regen mit Gummistiefeln und Regencape.“ Früher, da habe es „auch keinen interessiert, ob es kalt oder nass war“, meint Anke Friedeheim. „Da war Krefeld noch richtig schön von den Zügen her. Echt schade für die Kids.“

Auch Sylvia Reppel schwelgt in Erinnerungen: „Früher sind wir mindestens eine Woche mit den Laternen singen gegangen. Ich hatte manchmal meine Blockflöte mit, und meine Freunde haben dazu gesungen. Auf der Hoch- und Neusser Straße un op de Ostwall haben wir alle Geschäfte abgeklappert, und die Tüten waren abends voll. Am schönsten war es aber, wenn wir in den Altenheimen singen gingen — da mussten wir manchmal ein kleines Konzert geben . . . Ach, was hatten wir doch eine reiche Kindheit!“

Neben Wut und Geschimpfe gibt es auf Facebook aber auch verständnisvolle Reaktionen für die Entscheidung der Bürgergesellschaft, wie die von Edith Furtmann: „Im Forstwald ziehen Kindergarten und Schule getrennt — und wegen der Kleinen war der Zug dieses Jahr kürzer. Die können wirklich noch nicht so weit laufen. In St. Tönis ziehen morgen alle Kindergärten und übermorgen alle Schulen — so kann man diesem Umstand Rechnung tragen. Es ist nicht immer ein Rückgang der Tradition, ich kann die Argumente der Kindergärten nachvollziehen.“ ckd