Meinung Keine Chance auf Bildung

Krefeld. Bildungsferne und Armut sind Geschwister. Überall in NRW. Auch in Krefeld, tausendfach. Das Versprechen, kein Kind zurückzulassen, muss der Politik eigentlich im Halse steckenbleiben.

Ein Kommentar von Michael Passon.

Ein Kommentar von Michael Passon.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Wer arm ist, ganz gleich wie gescheit, wessen Eltern von der Stütze leben, der hat keine Chance. Denn das, was gerade an den Gymnasien heute Standardanspruch ist, können viele Menschen schlicht nicht bezahlen: privater Internetanschluss, Handy für WhatsApp-Gruppen, bestimmte Stifte, Highend-Taschenrechner für 130 Euro. Das hat mit der Lebenswirklichkeit in etlichen Familien nichts zu tun.

Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl muss Rot-Grün erklären, was denn wirklich besser geworden ist in NRW. Die Kinderarmut ist auf dem Vormarsch, nie klaffte die gesellschaftliche Schere so weit auseinander. In Krefeld werden 50 Prozent aller Kinder in Hartz IV geboren. Jeder zweite Knirps hat verloren, bevor er überhaupt eine Schule von innen sieht. Nicht mal einem von zehn Anträgen auf Nachhilfe in Hartz-IV-Familien wird stattgegeben.

Aber wir wollen kein Kind zurücklassen? Das ist doch ein Witz. Es lacht nur niemand. Gut ist, dass in den nächsten Jahren über 50 Millionen Euro in Krefelder Schulgebäuden verbaut werden können. Förderprogramme des Landes machen es möglich. Das ist eine ungeheuer wichtige Investition in Steine. Es lässt trotzdem diejenigen zurück, die keine 12,50 Euro für den Spind haben.

Geschweige denn ein zweites Paar Turnschuhe. Chancengleichheit liegt aber nicht nur in der Verantwortung von Politik, sondern auch bei Pädagogen und Eltern. Materielle Standards müssen sich an den Möglichkeiten der Schüler orientieren, nicht umgekehrt. Und mancher Papa sollte genau in die Klasse seines Kindes schauen, bevor er eine Klassenfahrt nach Rom fordert.