Krefeld „Familienfreundlichkeit ist auch eine Frage von Führung“

Interview: Krefelds Gleichstellungsbeauftragte Heike Hinsen macht sich stark für beweglichere und modernere Unternehmen.

Heike Hinsen ist Krefelds Gleichstellungsbeauftragte.

Heike Hinsen ist Krefelds Gleichstellungsbeauftragte.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Heike Hinsen ist vor vier Jahren als Gleichstellungsbeauftragte in der Stadt Krefeld angetreten und registriert in ihrer täglichen Arbeit eine zunehmende Bedeutung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Frau Hinsen, mit welchen Problemen kommen Frauen häufig zu Ihnen?

Heike Hinsen: Die Gleichstellungsstelle ist Anlaufstelle für Menschen, häufig sind es Frauen und eher selten auch Männer, die im Laufe ihres Lebens in Situationen geraten, die sie vor besondere Herausforderungen stellen: Alleinerziehende, Arbeitslose, Frauen in Trennungs- und Scheidungssituationen, Frauen mit Behinderungen, Frauen mit Gewalterfahrungen, Frauen mit Gesundheitsproblemen, Migrantinnen, Mütter und andere mehr. Für all diese Menschen bietet die Gleichstellungsstelle Information und Beratung an, zeigt Wege zu anderen zuständigen Institutionen auf und erarbeitet Lösungsstrategien zusammen mit der ratsuchenden Frau. Oder mit dem Mann. Informationen über rechtliche Rahmenbedingungen, zum Beispiel im Trennungs- und Scheidungsfall, liegen meist auch schriftlich vor, ersetzen aber keine Rechtsberatung oder die Hilfe durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt.

Thema Arbeitswelt: Warum leidet Krefeld unter einer so schlechten Beschäftigungsquote von Frauen?

Hinsen: Die Frage nach der geringen Beschäftigungsquote von Frauen in Krefeld treibt mich seit meinem Amtsantritt um, und ich diskutiere sie mit den unterschiedlichsten Akteurinnen. Aber leider habe ich bislang hierauf keine plausible Antwort gefunden.

Tun Krefelder Unternehmen noch zu wenig, um Frauen nach der Kinderzeit wieder in den Beruf zu bringen?

Hinsen: Es gibt in Krefeld viele gute Beispiele, wie Unternehmen unterschiedlichster Art und Größe das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie umsetzen. Davon konnten wir uns ja bei der auf Einladung des Netzwerkes Wirtschaft und Familie überzeugen. Auch der in 2015 erstmals ausgelobte Wettbewerb „Familienfreundlichstes Unternehmen in Krefeld“ hat im Bereich Klein- und mittelständische Unternehmen hervorragende Wettbewerbsteilnehmer und Preisträger zutage gebracht. Bundes- und landesweite Studien belegen, dass das Thema in der Wirtschaft angekommen ist und in den Firmen eine hohe Bedeutung sowohl in Hinblick auf Personalgewinnung als auch in Bezug auf Haltestrategien beigemessen wird.

Was sind das für Studien?

Hinsen: Der kürzlich von der Bundesregierung veröffentlichte Unternehmensmonitor 2016 hebt zum Beispiel die besondere Funktion von Führungskräften hervor, wenn es darum geht, dass die Angebote von Unternehmen auch gelebter Alltag werden. Denn bei einer familienfreundlichen Führungskultur haben Beschäftigte auch den Mut, die Angebote in Anspruch zu nehmen.

Wo bekommen Unternehmen, die sich an dieser Stelle verbessern wollen, Unterstützung?

Hinsen: Unternehmen können sich bei Fragen in Krefeld an das Netzwerk Wirtschaft und Familie (www.wfg-krefeld.de) wenden. Auch das Kompetenzzentrum Frau und Beruf Mittlerer Niederrhein (www.competentia.nrw.de) bietet Sprechstunden an.