Für jeden ist ein Platz frei

Verständnis für Flüchtlinge fängt für den Fotografen Hubert Hecker mit Verstehen an. In einer Ausstellung zeigt er Porträts von in Krefeld Zuflucht suchenden Menschen.

Foto: A. Bischof

Krefeld. Noch ist der große weiße Raum in der ehemaligen Brotfabrik „Im Brahm“ leer. Nur Hubert Hecker steht mit seiner Kamera mitten im Raum und sieht vor seinem inneren Auge die Fotografien der 40 Flüchtlinge, die ab Freitag hier an den Wänden hängen. „Für jeden ist ein Platz frei“ lautet der Titel seiner Ausstellung, mit der er einerseits Vorurteile in der Bevölkerung gegen Fremde abbauen und anderseits Gelder für eine neue Begegnungsstelle sammeln will.

Ein Plakat und Flyer machen neugierig auf dieses Projekt. Als einziger Farbtupfer ist darauf ein mit rotem Stoff bezogener goldfarbener, leerer Barock-Sessel zu sehen. Der wird auch während der Ausstellung vom 10. bis 25. Juni mitten im Raum stehen und die Besucher einladen, selber darauf Platz zu nehmen und selber fotografiert zu werden.

„Das größte Hindernis der Integration sind Vorurteile“, sagt der Fotodesigner. Aber so groß sie auch seien, so leicht ließen sie sich auch aus dem Weg räumen. „Einfach durch Begegnung.“ Wenn sich die Menschen kennenlernen, sich anschauen, stellten sie schnell fest, dass ihre Vorurteile nicht zu halten sind. Für diese Begegnungen möchte er sorgen.

Aufgerüttelt durch den großen Flüchtlingsstrom im vergangenen Sommer kam dem Neu-Krefelder Hecker die Idee dazu. Handschriftlich verfasste er zunächst ein Konzept, mit dem er bei der Stadt, bei dem Verein „Kultur in Krefeld“ ebenso wie bei großen Firmen anklopfte.

„Ich war begeistert von der Idee und habe geguckt, wo Hubert seine Fotografien in Krefeld ausstellen kann“, sagt Knut Habicht von „Kultur in Krefeld“. Die Stadt wiederum hat ihm im vergangenen Oktober für insgesamt zwei Wochen die Türen im Flüchtlingsheim an der Westparkstraße geöffnet. „Im ersten Stock habe ich mein Fotoatelier aufgebaut, den Sessel hingestellt, die Bewohner eingeladen — und abgewartet, was passiert“, erzählt Hecker.

Die Reaktionen waren unterschiedlich. „Einige haben spontan ihr Kind auf den Sessel gesetzt und sich beschützend daneben gestellt; andere haben den Platz ihrer Frau angeboten und sich dahinter gestellt; wiederum andere haben zielstrebig selber darauf Platz genommen.“ Hecker lädt ein hinzuschauen, was für Menschen sich hinter dem Begriff Flüchtling verbergen.

Das Ergebnis können sich die Besucher der Ausstellung vom 10. bis 25. Juni im ebenerdigen Atelier bei „Im Brahm“ anschauen. Montag bis Freitag von 17 bis 20 Uhr und Samstag und Sonntag von 16 bis 19 Uhr sind die Räume an der Ritterstraße 187 geöffnet. Für Schulklassen gibt es am Vormittag außerdem die Möglichkeit des Besuchs. Weitere Infos stehen auf der eigens eingerichteten Seite im Internet.

Mit der Ausstellung soll die Aktion aber nicht beendet sein. Vielmehr hat sich der 56-Jährige zum Ziel gesetzt, Spenden für die zweijährige Finanzierung einer neuen Begegnungsstätte zu sammeln. Die soll täglich geöffnet sein und von zwei festangestellten Mitarbeitern betreut werden. „Sozusagen als verlängertes Wohnzimmer der Flüchtlinge“, erklärt Hecker. Einen Ort dafür hat er noch nicht.

Rund 200 000 Euro plant er für das Vorhaben ein. Er ist optimistisch, die Summe zusammenzukriegen. „Ich habe schon Zusagen von großen Firmen“, erzählt Hecker, unter anderem nach eigenen Worten von der Canon Europazentrale in London. Um Spendenquittungen ausstellen zu können, gründet er gerade einen Verein. Dessen Name lautet: „Für jeden ist ein Platz frei“.

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