Fußball: "Die Grotenburg kostet zu viel"

Grüne und FDP stellen Stadion in Frage. Gregor Kathstede möchte an der Kampfbahn festhalten.

Krefeld. Glorreiche Zeiten hat die Grotenburg erlebt. 1966 und 1968 feierte hier der TV Oppum seine Feldhandball-Meisterschaften. Bundesliga-Fußball prägte die 70-er und 80-er Jahre, dazu gab es glanzvolle Europapokal-Abende. Doch der Ruhm ist verblasst. Der finanziell angeschlagene KFC Uerdingen ist nur noch viertklassig. Im Schnitt tummeln sich knapp 1500 Zuschauer im Stadion. Braucht Krefeld die Grotenburg überhaupt noch? Oberbürgermeister Gregor Kathstede hat im August seine Pläne zu diesem Thema veröffentlicht. Für die "Umgestaltung zur gemeinsamen Nutzung durch Zoo und Sport" sind nun im Haushaltsentwurf 2007 exakt 300 000 Euro festgesetzt. Insgesamt kostet die Maßnahme eine Million Euro. Auf dem Aschenplatz an der Violstraße sollen Wirtschaftsgebäude für Zoo und Sport entstehen. Hinter der Haupttribüne sind zwei Kunstrasenplätze geplant. Das Stadion bleibt in seiner jetzigen Art erhalten. "Eine gute Lösung, an die wir so nicht gedacht haben. Damit schlagen wir viele Fliegen mit einer Klappe", sagt Zoo-Chef Wolfgang Dreßen. Nach anfänglichen Bedenken, vor allem weil der Aschenplatz erst kürzlich saniert wurde, hat die SPD eingelenkt. FDP und Grüne sträuben sich weiterhin, ja stellen die Grotenburg sogar in Frage. Petra Akpoyibo, Ratsfrau der Grünen, sagt: "Krefeld braucht die Grotenburg nicht. Sie verschlingt jedes Jahr hunderttausende Euro, mit denen man viele andere Anlagen sanieren könnte." Sie sei ohne Nutzwert, unmodern und in die Jahre gekommen. "Das sieht doch nur noch traurig aus", sagt sie und verweist auf den Zoo: "Er könnte die Fläche gut gebrauchen." Einen Kommentar dazu verweigerte Dreßen. Ein Antrag der Grünen, die vorgesehenen Mittel anders zu verteilen, wurde im Sportausschuss abgelehnt. "Der KFC könnte auf andere Plätze ausweichen!" Auch Claudia Heitmann von der FDP hat ihre Zweifel: "Ich bin zwar KFC-Fan, aber aktuell könnte der KFC auch auf der Hubert-Houben-Kampfbahn, der Edelstahl-Kampfbahn oder am Löschenhofweg spielen. Das Geld, das jedes Jahr in dieses Stadion gepumpt wird, wäre anderswo besser aufgehoben." Gleichwohl weiß sie aber auch, dass ein Abriss aus Kostengründen nicht tragbar wäre. Auch wenn es die Stadt 400 000 Euro pro Jahr kostet, die drei Sportplätze und die Grotenburg zu unterhalten, macht sich Dieter Simons für die Grotenburg stark. "Wenn es sie nicht mehr geben würde, nähme man dem KFC die Perspektive. Es gibt keine Alternative. Die angesprochenen Sport-Areale platzen aus allen Nähten, sind ausgebucht", sagt der Sport-Fachbereichsleiter der Stadt. Überlegungen für einen Abriss gebe es nicht. Erst 2005 wurden für 385 000 Euro die Tribünen saniert. Für die SPD stelle sich die Diskussion überhaupt nicht. "Der Krefelder Fußball braucht eine Perspektive für den Profi-Fußball. Dafür ist dieses Stadion absolut notwendig", sagt Fraktions-Vorsitzender Ulrich Hahnen. KFC-Vorsitzender glaubt an Baubeginn im Sommer Ralf Houben dreht die Frage um: "Braucht Krefeld den KFC? Wenn, dann braucht Krefeld auch die Grotenburg. Denn die anderen Stadien könnten den Bedarf nicht decken", so Houben. Er erkundigte sich kürzlich bei Kathstede über die Pläne. "Damit können wir leben. Im Sommer kann es mit dem Bau wohl losgehen", so KFC-Vorsitzende. Ob dies tatsächlich so schnell geht, glaubt Kathstede nicht. Noch läuft der Prüfantrag. Wohl aber hat auch er eine klare Meinung zur Grotenburg: "Krefeld braucht so ein Stadion ohne Wenn und Aber. Auch für Spiele wie zuletzt gegen Schalke gegen Bayern München oder Spiele mit internationaler Beteiligung." Er verrät, dass es seitens des Deutschen-Fußball-Bunds bereits eine Anfrage für ein Länderspiel mit deutscher Beteiligung gebe. KOMMENTAR: Damoklesschwert über der Grotenburgvon Jochen Schmitz 200 Fußball-Experten, Trainer, Journalisten und Spieler aller Couleur, haben jetzt die Europapokal-Begegnung zwischen dem KFC (vormals Bayer) Uerdingen und Dynamo Dresden (Oktober 1985) zum größten Fußballspiel aller Zeit geadelt. Noch vor dem "Wunder von Bern", noch vor dem Büchsenwurf am Gladbacher Bökelberg. Schauplatz der Bayer-Aufholjagd (von 1:3 auf 7:3) - die Krefelder Grotenburg. Gut 21 Jahre nach dem legendären Cup-Triumph herrscht grauer Alltag in der 34 500 Zuschauer fassenden Arena. Der Konzern-Riese Bayer hat sich längst zurückgezogen, das Image des KFC ist verstaubt, die Mittel sind knapp - und der Fußball-Alltag findet in der Oberliga statt. Bei gähnender Leere. Im Schnitt pilgern rund 1500 Fans ins Stadion. Das ist die traurige Realität. 400 000 Euro pro anno kostet die Stadt Krefeld die Unterhaltung des Stadions, in dem es nur noch sporadisch knistert. Wenn zum Beispiel der große FC Bayern dem KFC mit einem Gastspiel finanziell unter die Arme greift. Oder ein Frauen-Fußball-Länderspiel für überregionale Strahlkraft sorgt. Aber braucht die Seidenstadt für solche seltenen Intermezzi die Grotenburg überhaupt? Könnte der KFC nicht in eine Nachbarstadt ausweichen - und was hat der Bürger von der Fußball-Arena am Zoo, in der neben dem KFC höchstens noch Hobby-Mannschaften dem Ball hinterherjagen? Für die politische Mehrheit im Rat stellt sich die Frage nicht, obwohl es bei einer Kosten-Nutzen-Analyse womöglich ein böses Erwachen gäbe. Zudem bewegt sich der Verein in finanzieller Hinsicht weiter auf einem sehr schmalen Grat, schwebt die Insolvenz aus dem vorigen Jahr wie ein Damoklesschwert über der Grotenburg. Die Geldnot bleibt ein Dauer-Thema - und damit auch die Frage: wie lange ist die Grotenburg noch für die Stadt tragbar? FAKTEN: Die Grotenburg-Kampfbahn Der Name stammt vom Schlösschen im Zoo. Grotenburg bedeutet "große Burg". Fassungsvermögen: 1927 mit 12 000 Plätzen (1000 überdachten Sitzplätzen) erbaut. Später Ausbau auf 23 000, 1979 auf 29 000 Plätze. Heute 34 500 Plätze, davon 9943 überdachte Sitzplätze und 4485 überdachte Stehplätze. Veranstaltungen: Leichtathletik (auf der ehemaligen Laufbahn), Feldhandball, Deutsche Marathon-Meisterschaft, Deutsche Titelkämpfe für Gebrauchshunde, Polizeifeste, Konzerte. Heute ausschließlich Fußball. Nutzer: Zu 50 Prozent der KFC Uerdingen. Schulen und Hobbymannschaften nutzen die Anlage rund um die Grotenburg ebenfalls. Pläne: Auf dem Ascheplatz sollen Wirtschaftsgebäude für Zoo und Sport entstehen, hinter der Haupttribüne zwei Kunstrasenplätze.